Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

2 Erſte Drdnung: Baumvögel; erſte Familie: Sänger.

für ſich, obgleih die Gatten eines Paares wiederholt ſi beſuchen. Wagt ſi ein Nachbar in das von einem Pärchen beſeßte Gebiet ſo gibt es eine heftige Jagd, und der re<tmäßige Eigentümer vertreibt den aufdringlichen Gaſt unerbittlih. Sogar die eignen Kinder werden, ſobald ſie ſelbſtändig geworden ſind, rü>ſihtslos in die weite Welt hinausgeſtoßen, und man begreift nicht, wie es ihnen möglich wird, eine eigne Heimat zu erwerben. Um fremdartige Vögel bekümmert der Waſſerſhmägßer ſich niht, betrachtet ſie aber, wie es ſcheint, weniger mit Freundſchaft als vielmehr mit Gleichgültigkeit. Bachſtelzen und Eisvögel ſind von ihm geduldete Bewohner ſeines Gebietes.

Die Stimme, welche man gewöhnlih und regelmäßig dann, wenn er aufgejagt wird, von ihm vernimmt, iſt ein wie „zerr“ oder zerb“ klingender Laut, der Geſang des Männchens ein leiſes, aber höchſt anmutendes Geſhwäß, welches aus ſanft vorgetragenen, ſ{nurrenden und beſſer vernehmbaren, \<hnalzenden Lauten beſteht, ebenſo an einzelne Teile des Blaukehlchenliedes wie an das Shnalzen des Steinſhmäters erinnert und von Snell treffend mit dem leiſen Rieſeln und Rauſchen eines auf ſteinigem Grunde dahinfließenden Bächleins verglichen wird. Beſonders eifrig ſingt er an heiteren Frühlingstagen und zumal in den Morgenſtunden, läßt ſih aber auh von der größten Kälte niht beirren: er ſingt, ſolange der Himmel blau iſt. „Es iſt“, ſagt Sinz, „eine ganz eigne Erſcheinung, im Januar bei der ſtrengſten Kälte den Geſang dieſes oft mitten auf dem Eiſe, einem Pfahle oder Steine ſißenden Vogels zu hören, während die ganze Natur erſtarrt ſcheint“, und es iſt, füge ih hinzu, ein wahrhaft erhebendes Schauſpiel für den Kundigen, welcher den munteren Sänger aufgefunden, wenn er gewahrt, daß dieſer, nachdem er ſein Lied beendet, ſich heiteren Mutes in die eiſigen Fluten ſtürzt, in ihnen ſi< badet und in ihnen umherläuft oder ſhwimmt, als gäbe es für ihn keinen Winter und keine Kälte. „Die Bachamſel“/ ſchreibt Girtanner, „dürſte einer unſerer geſangsluſtigſten Vögel ſein; denn ſie begleitet buchſtäblich faſt alles, was ſie thut, mit ihrem hellen Geſange. Sie ſingt beim Baden und beim Freſſen; ſingend ſtürzt ſie ſih mutig in den Kampf gegen eine grenzverleßende Gebietsnahbarin; beim Pußen des Gefieders muß etwas geſungen ſein, und zuleßt beſchließt ſie ſingend ihr ſangreihes Leben. Aber je nah der Urſache des Geſanges iſt au< der Ton ein durchaus verſchiedener. Der durch einige ſcharfe, herausfordernd hervorgeſtoßene Loctöne eingeleitete Schlahhtgeſang kennzeihnet deutlih genug die bedentlihe Gemütsverfaſſung der ſonſt ſo friedlichen Sängerin; freundlich, aber lebhaft tönt das Liedchen, welches ſie, auf einem Beine mit gehobenem Nücen und niederhängenden Flügeln auf ihrem Lieblingspläßchen ſißend, ſich ſelbſt zum beſten gibt; ein Plaudern nur iſt es, während ſie ſi{h pubt; aber wehmütig und rührend ergreift uns der bei ſ<hwindenden Kräften mit mangelndem Atem hervorquellende Sterbegeſang.“

Die Nahrung beſteht vorzugsweiſe aus Kerbtieren und deren Larven. Mein Vater fand in dem Magen der von ihm unterſuchten Waſſerſhmäßer Mücken, Waſſermotten, Hafte und verſchiedene Käferhen, nebenbei auh Pflanzenteilchen welche wahrſcheinlih bloß zufällig mit verſhlu>t werden, und Kieskörner, wie ſolche ſo viele Vögel freſſen, um ihre Vexdauung zu befördern. Gloger iſt der erſte, welcher angibt, daß der Waſſerſhmägzer im Winter auch kleine Muſcheln und junge Fiſchchen verzehrt und davon einen thranigen Geru< erhält; ſpäter erfuhr ih, daß die liebe Schuljugend einer meinem heimatlichen Dorfe benachbarten Ortſchaft junge Waſſerſhmäßer im Neſte zu ihrem beſonderen Vergnügen nit kleinen, mühſelig gefangenen Fiſchchen fütterte, und hatte die Freude, zu erfahren, daß die Zungen bei dieſer Nahrung ſehr wohl gediehen. Vollkommenen Aufſ{hluß verdanken wir Gixtanner. „Die ſehr unklaren und ſih widerſprehenden Angaben über die Ernährungsweiſe der Bachamſel in der Freiheit“ ſchreibt er, „hatten ſchon ſeit langem den Wunſch in mir erregt, diejen Punkt dur beharrliche Forſchung aufzuklären. Aber trot hundertfältiger