Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/2
Teichhuhn: Verbreitung. Weſen. Lebensweiſe. 653
Es taut dann mit dem Körper unter das Waſſer und verſte>t den Kopf zwiſchen dem Schilfe. Nähert ſih ihm ein Hühnerhund, dann taucht es völlig unter und iſ vor jeder Gefahr ſicher. Einſtmals jagten wir ein Teichhuhn, das plöglih verſ<hwand. Jch wußte die Stelle, wo es ſih verſte>t hatte, ganz genau, und als ih ſorgfältig ſuchte, bemerkte ih es ſo gut unter das Ufer gedrü>t, daß nur das Rot am Schnabel dur<ſ<himmerte. Ein anderes Mal ſ{<oß ih in einem mit nur wenigen Grasbüſcheln beſeßten Teiche, der ïaum 12 Schritt im Durchmeſſer hielt, ein Teihhuhn an. Es verſhwand auf den Schuß augenbli>li<h. Wir ließen von einem guten Fagdhunde den kleinen Teich zu wiederholten Malen abſuchen, aber umſonſt. Endlich entkleidete ſih ein mich begleitender Jäger, dur<hforſchte mit Händen und Füßen den kleinen und flachen Teich, konnte aber keine Spur vom Teichhuhne entde>en. Ein anderes, auf welches ih ſ{hoß, tauchte ebenfalls ſofort unter und kam niht wieder herauf. Ein Freund von mir holte eine Stange und ſtörte mit ihr überall da, wo es unter das Waſſer gefahren war, auf dem Grunde herum. Jegßt erſchien es und wurde exlegt. Ein anderes, das ebenſo verſhwand, ſahen wir nah langem Suchen auf dem Grunde des Waſſers, wo es ſi<h mit den Füßen unten am Graſe feſthielt. Wir ergriffen es mit der Hand.“ Auf einen ſeiner feinſten Kunſtgriffe machte mich Liebe aufmerkſam. „Nimmt man“, ſo erzählte er mir, „den Zeitpunkt wahr, wenn Teichhühnchen im freien Waſſer in der Nähe eines hohen Teihdammes ſich aufhalten, beſchleicht man ſie, klettert man an dem Damme behutſam hinauf und ſpringt man zuletzt plöblih auf deſſen Bekrönung, ſo tauchen die erſchro>enen Teichhühnchen ſofort unter und laſſen ſih niht wieder erbli>en. Sucht man jeßt die Oberfläche des Waſſers ſorgfältig mit dem Auge ab, ſo ſieht man, und zwar oft in einer Entfernung von nur wenigen Schritten, das Blatt einer Teichlilie oder Seeroſe ein wenig gehoben und darunter das {warze Auge des Teichhühnchens , das, ohne ſi< zu regen, den Blattſtiel umfaßt hält und unter dem Schutze des Vlattes eben nur einen Teil des Kopfes über den Waſſerſpiegel erhebt. Wiederholt man den Verſuch öfter, dann kann man auch die leiſe Bewegung des Blattes ſehen, an deſſen Stiele das Hühnchen emporklettert und den Augenbli> abwarten, in welchem es die Blattteile vorſichtig emporhebt.“ F< habe Liebes Anleitung befolgt und dasſelbe geſehen wie er. Die Stimmlaute unſeres Hühnchens ſind laut und kräftig. Der Lo>rUf klingt wie „terr terr“, der Warnungsruf wie „err tett tett“ oder, wenn er den Jungen gilt, leiſe wie „gurr gurr“. Außerdem vernimmt man ein ſcharfes Krächzen oder ein ſtarkes „„Kürg“, das Furcht auszudrüen ſcheint, und auf dem Zuge ein hell tönendes, weit ſchallendes „Ke> ke>“.
Das Teichhühnchen iſt ſhon am frühen Morgen wach und rege und geht erſt ſpät zur Ruhe. Auf Teichen, die dem menſ<hlichen Verkehre fern liegen, verbirgt es ſi<h am Tage im Schilfe und kommt nur morgens und abends auf das offene Waſſer heraus, fliegt auh bei Ankunft eines Menſchen, ſo ſchnell es kann, ſeinem Verſte>plate zu; da hingegen, wo es ſi< an den Menſchen gewöhnt hat und weiß, daß dieſer es hüßt, wird es ungemein firre. Das Pärchen, das den Teich neben Naumanns Garten bewohnte, war fo zahm wie Hausgeflügel, unterſchied jedo<h fremde Leute augenbli>li< von ſeinen Bekannten und konnte auch von dieſen nicht leiden, wenn es ſtarr angeſehen wurde. Selbſt Kränkungen, die es erfahren mußte, vergaß es bald wieder. Einer oder der andere der Gatten wurde gefangen und wieder freigelaſſen, hatte aber doch die verdrießliche Störung nah einigen Tagen verziehen. Mit anderen Tieren verkehrte es niht gern; fremde Hunde [loh es ängſtlih; aber au<h Gänſe und Enten waren ihm unangenehm. Enten werden oft fortgejagt und Gänſe wenigſtens angegriffen; kommen lettere aber öfters und in Mehrzahl, ſo müſſen die Teichhühnchen, wie Naumann ſagt, „mit verbiſſener Wut Frieden halten; aber ein ſol<her Zwang iſt ihnen dann ſehr unangenehm“.