Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4

Fiſchſterben. Feinde. Verwendung. Fiſchreihtum. 28

Als \{limmſter Feind aber tritt den Fiſchen, dieſer Räuberbrut, die ſih untereinander mordet und auffrißt, der Menſch gegenüber. Er allein iſt es, der unmittelbar oder mittelbar ihrer erſtaunlihen Vermehrungsfähigkeit Schranken ſet. Außer ihm und den NRaubfiſchen ſtellen ihnen allerdings au<h Säugetiere wie Vögel, Kriechtiere wie Lurche und niht wenige wirbelloſe Meertiexe nah; alle niht ihrer eignen Klaſſe angehörigen Feinde aber ſhädigen ihren Beſtand niht entfernt in derſelben Weiſe wie der Menſch. Flüſſe und Süßwaſſerſeen hat er da, wo er zur Herrſchaft gelangte, entvölkert und muß jeßt daran denken, ſie künſtlih wieder zu beſamen; das Meer würde er entvölkern, wenn er es vermöchte. Die Fiſche ſind dem Menſchen unentbehrli<. Ganze Völkerſchaften würden niht im ſtande ſein, ohne ſie zu leben, manche Staaten würden ohne die mannigfaltigen Erträge der Fiſcherei und des darauf beruhenden Handels kaum beſtehen können.

Die wichtigſte Verwendung finden die Fiſche als Nahrungsmittel und zwar im friſchen Zuſtande oder für längere Aufbewahrung zugerichtet dur< Einſalzen, Trocknen, Räuchern ſowie in neuerer Zeit auh in zunehmender Menge durch Einlegen in luftdicht verſchloſſene Büchſen. Thran wird gewonnen aus der Leber mancher großer Fiſcharten, während kleinere, die maſſenhaft in die Nete gehen, glei im Ganzen zu demſelben Zwecke verarbeitet werden; die Reſte liefern einen begehrten Fiſhguano. Aus der Shwimmblaſe mancher Fiſcharten wird ein treffliher Leim hergeſtellt, während die Haut anderer wieder zu Leder, Chagrin, verarbeitet oder getro>net zum Glätten und Pugzen von hölzernen und metallenen Gegenſtänden benußt wird. Die Schuppen einiger Arten dienen zur Gewinnung eines perlmutterglänzenden Stoffes, der künſtlihen Perlen ihren täuſchenden Glanz gibt. Haifiſchzähne, reihenweiſe auf Stö>ken und Speeren befeſtigt, bilden für Eingeborene von Südſee-Jnſeln Waffen, womit ſie häßliche Wunden verurſachen können; die Schwanzſtacheln der Nochen dienen als Pfeilſpißen.

Man daxf ſagen, daß das offene Meer verhältni8mäßig ärmer an Fiſchen iſt als die Gewäſſer an den Küſten und über Untiefen, die oft geradezu als Fiſhbänke oder Fiſchgründe bezeihnet werden. Der Fiſhreihtum an ſolchen Stellen iſt vielfah bedeutend überſc<häßt und infolgedeſſen auh für ſchier unerſhöpflih gehalten worden. Die Auffaſſung wurde weſentlich unterſtüßt dur die Arbeiten eines in England eingeſeßten Unterſuchungsaus\chuſſes, der auch zu dem Ergebnis kam, daß ein A>er guten Fiſchgrundes dur<ſchnittlich in jeder Woche ſo viel Fleiſch zu liefern vermöge, wie der Ertrag eines Akers guten Landes in Großbritannien, in Fleiſh umgeſeßt, im ganzen Fahre ausmache. Daß dieſe Schäßung viel zu hoh gegriffen wax, haben die Unterſuchungen von Henſen, die in folgerihtiger Weiſe angeſtellt wurden, dargethan. Zwei befiſchte Gebiete der Oſtſee, das von Hela und das von Eernförde, lieferten, nah Henſen, im fünfjährigen und dreijährigen Durchſchnitte vom Heftar je 31,6 und 15,7 kg Fiſchfleiſh im Fahre. Da nun der in Fleiſch umgeſetzte Ertrag eines Hektars bebauten Landes in Preußen durhſchnittli<h auf 83,5 kg Fleiſh berechnet worden iſt, ſteht der Ertrag der genannten beiden Waſſergebiete weit hinter dem des Landes zurü>. Allerdings muß man ſi hüten, dieſes nur für beſtimmte Stre>en und unter gewiſſen Verhältniſſen gültige Ergebnis unvorſichtig zu verallgemeinern, denn es gibt reichere Fiſhgründe, deren Erträge beſonders bei ausgiebigerem Fiſchereibetriebe wohl viel höher ausfallen würden; doh haben dieſe umſichtig angeſtellten Ünterſuhungen wenigſtens ſo viel erwieſen, daß der Ertrag des Waſſers im Vergleiche mit dem des Landes nicht ſ<hrankenlos überſchäßt werden darf. „Fmmerhin“, ſchreibt Fx. Heine, „hat die von Henſen gewonnene Erkenntnis inſofern einen Wert, als ſie zeigt, daß die etwa 400 Quadratmeilen große Fläche der Oſtſee, die von deutſchen Fiſchern befiſht wird, jährlich ſo viel einbringt, wie etwa 80—192 Quadratmeilen fruchtbaren Landes; daß alfo der Staat wohl ein Jntereſſe daran hat, für die Fiſcherei etwas zu thun, namentlich da