Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
196 Würmer. Sechſte Klaſſe: Plattwürmer; zweite Drdnung: Saugwürmer. g g
Entwielungsgeſchichte des Leberegels, Leu>art reden: „Für das Jahr 1830 wird der Verluſt allein an Schafen in England auf etwa 1*/2 Millionen Stück berechnet, die einen Geldwert von nahezu 4 Millionen Pſund Sterl. (80 Millionen Mark) repräſentieren. Ein einziger Schafzüchter erlitt in dem Fahre 1824 binnen 3 Monaten an ſeinen Herden einen Verluſt von 3000 Pfund (60,000 Mark). Nach Zündel ging in Elſaß-Lothringen 1873 der dritte Teil aller Schafe im Werte von 1,150,000 Frank zu Grunde. Fn-Frland ſoll 1862 ſogar mehr als die Hälfte der Schafe (60 Prozent), in Slawonien 1876 nahezu die Hälfte (40 Proz.) alles Hornviehes an der Leberegelſeuche geſtorben ſein. Allein in der Umgegend von Arles fielen 1812 niht weniger als 300,000 Stü. Ebenſo ging nah den Mitteilungen von Wernie im Jahre 1882 in den ſüdlihen Provinzen von Buenos Ayres niht weniger als 1 Million Schafe zu Grunde. Man erſieht, welche hohe Bedeutung der Leberegel für die Landwirtſchaft und inſonderheit für die Viehzucht beſibt, in welhem Grade derſelbe ſogar im ſtande iſt, den nationalen Wohlſtand zu ſchädigen.“
Lange ſcon war es aufgefallen, daß gewiſſe Jahre ein großes Sterben des Hornviehes an der Egelſeuche brachten; das geſchah z. B.: in Deutſchland: 1753, 1816, 1817, 1854, 1877, in England: 1809, 1816, 1824, 1830, 1853, 1860, und in Frankreih: 1809, 1816, 1817, 1820, 1829, 1830, 1853 und 1854. Solche Jahre waren in den betreffenden Gegenden immer ſehr feu<ht und regenreich geweſen, und 1816 war in ganz Europa ein äußerſt naſſes Jahr, dem das Notjahr von 1817 folgte. Weiter hatte man bemerkt, daß beſtimmte Lokalitäten ganz beſonders dazu angethan waren, die Schafe mit Leberegeln anzuſte>en. „Der erfahrene Landwirt kennt niht bloß die Gefahren ſolcher Gegenden, er kennt auch vielfach die beſonders verdächtigen Pläße, meiſt Gräben und Pfüßen ohne reten Abfluß oder „ſaure“ Wieſen, die er na< Kräften meidet, um ſeine Herde nicht zu „verhüten“. — Den engliſchen Schafzüchtern wurde in früherer Zeit (ob mit Recht oder Unrecht, will ih nicht entſcheiden) oftmals vorgeworfen, daß ſie ihre Zuchttiere vox dem Verkauf abſichtlih verhüteten, um einen größeren Abſabß zu erzielen.“ (Leud>art.)
Wie geht das alles zu? — Nun, die Menſchheit verdankt Leu>art, wie ſo vieles andere für ihre Geſundheit und ihren Wohlſtand Nüßliche, auch die Entdeœung der Urſache der Leberſäule, d. h. mit anderen Worten die Kenntnis des Entwicfelungsganges des Leberegels3. Mit dem Kote der von der Leberfäule befallenen Schafe gelangen die Eier des Paraſiten nah außen, viele auf tro>enes Terrain, wo ſie zu Grunde gehen (denn Austro>nen können die Eier der Saugwürmer durchaus nict, wie die vielen Rundwürmer, vertragen), viele aber auh auf feuchte Erde, die bald überſ<hwemmt ſein wird, oder in das Waſſer ſelbſt. Die Entwi>elung des Embryos geht nur im Waſſer vor ſi< und um ſo ſchneller, je günſtiger die Bedingungen ſind, namentlich je höher die Temperatur iſt. Die Eier aber, welche etwa im Spätherbſt in das Waſſer gelangt ſind, können den Winter überdauern, ohne ihre Keimfähigkeit einzubüßen. Geht alles gut, ſo entwi>elt ſi<h aus dem Ei ein Embryo, im allgemeinen von der weiter oben beſchriebenen Beſchaffenheit, ſ<hwimnt herum und ſucht ſi ſeinen Zwiſchenwirt. Als ſolcher dient aber eine einzige Art von Schnee, welche ganz Europa, von JFsland und den Faröer an, Nordaſien, die Kanaren, Nordafrika bis Abeſſinien bewohnt und in Auſtralien und Amerika vielleicht au< vorfommt, oder dur< ſehr nahe verwandte Formen, möglicherweiſe nur Lokalraſſen, vertreten wird. Dieſe kleine, 4—8 mm lange Schne>e (Limnaeus minutus) bewohnt feuchte Loktalitäten, niht bloß das Waſſer, ſie lebt hingegen mehr amphibiſ<h, krieht zwiſhen Moos und am unteren Teil der Grashalme empor, ja verſteigt ſih bei anhaltend feuchter Witterung noch höher, ſelbſt auf kleine Büſche.
Sind nun die Embryonen des Leberegels in großer Menge dur die Oberhaut, das
Atemloch 2c. in eine ſolhe Schnee eingedrungen, fo trägt dieſe ihre unwillklommenen Gäſte