Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 6
9992 Muſchellinge. Erſte Klaſſe: Moostiere.
Die Erhaltung im foſſilen Zuſtande verdanken ſie der Erhärtung und Verkalkung des größten Teiles der Leibeswand, welche dadurch zu einer „Zelle“ wird, in welche ſih der immer weih bleibende Vorderteil des Tieres zurü>ziehen kann. Die ſo wechſelnde Form der Stöcke hängt von der ſpeziellen Art der Knoſpenbitdung ab. Nachdem nämli<h das aus dem Ei gekommene Weſen ſi fixiert hat, wird der Sto dur< Knoſpenbildung aufgebaut. Jndem bei jeder Sippe und Art die Knoſpen an beſtimmter Stelle hervorbrechen und eine beſtimmte Lagerung zu den Mutterindividuen annehmen, reſultieren infolge kleiner Abweichungen doh die verſchiedenſten Kolonieformen. Da jedes Fndividuum des Stockes zu beſtimmter Zeit auh Eier und Samen hervorbringt, ſo iſt ſür die Vermehrung in ergiebigſter Weiſe geſorgt. Man kann am Meeresſtrande binnen wenigen A Tagen eine reiche Ernte an Bryozoen
A magen. Man braucht nux Haufen A von Tangen ſi< na< Hauſe bringen zu laſſen, um faſt an jedem blatt-
artigen Teile dieſer niederen Pflanzen gewiſſe Arten anzutreffen; und wo der Meeresboden nicht gar zu ſteril und ungünſtig iſt, ſind die Steine und die noh vollen und die leeren Schne>engehäuſe und Muſchelſhalen mit Bryozoenſtö>kchen beſezt, welche man allerdings oſt erſt bei ſorgſamer Durhmuſterung mit der Lupe entde>t.
Daß unſere Tierchen in dem gro-
ßen Konzert der organiſchen Welt keine große Rolle ſpielen, iſt aus dem Obigen klar. Jhre Anzahl iſt aber wieder ſo erheblich, das Detail ihrer Drgane, die Art und Weiſe ihrer Knoſpenbildung und Fortpflanzung ſo mannigfaltig, daß die Beſchäſtigung mit ihnen “ein Naturforſcherleben auf Jahre auszufüllen im ſtande iſt, wie die umfangreiche Litteratur über dieſelben beweiſt. Die Hauptmomente für die ſyſtematiſche Einteilung _ find der Beſchaffenheit des Mundes und der Fühlerkrone entnommen, wie wir wenigſtens durc einige Beiſpiele zu belegen verſuchen werden.
ZIT NS Lepralie. Natürliche Größe.
Die Mehrzahl der Moostierhhen des ſüßen Waſſers gehören der Ordnung der ſogenannten Phylactolaemata an, deren Mund mit einem zungenförmigen Deel verſehen iſt. Jhre Kiemen ſind huſeiſenförmig, am Grunde von einer kel<hförmigen Haut umwahſen. Die Zellen ſind entweder ganz weih oder hornig und kommen daher im foſſilen Zuſtande niht vor. Eine ſehr merkwürdig ſich verhaltende Sippe iſt Cristatella. Sie bildet elliptiſche Kolonien, welche niht feſtgewachſen ſind, ſondern, dem Lichte nahgehend, langſam kriehend ſi fortbewegen. Es tritt nun die Frage an uns heran, wie ein ſo vielföpfiges Geſchöpf es zu ſtande bringe, alle Einzelwillen nah einer Richtung zu vereinigen. Denn wenn au< der äußere Anreiz, wie z. B. der des Lites, alle Einzeltiere in der Regel in derſelben