Das Nordlicht. Bd. 1-2

Ein Dichter hat, im Auftrage, zur Siegesfeier Ein Widmungslied auf Romas großen Sohn gemacht.

O ruhmumstrahltes Rom, mit einer Riesenrose Verglich dein Sänger dich im Abendpurpurglanz.

Er sah dich so, da Flammenfalter leicht und lose Dich bunt umflatterten, als schwirrten sie zum Tanz.

Er nannte, Roma, dich die Blüte edler Freuden, Den Baum der Griechengöttinnen am Tiberstrand, Die Stadt, in deren Tempeln und Gebäuden

Der Geist des Plato die Gespenster Asiens fand.

Doch scheinst du, Weltstadt, mir, im klaren Sonnenlichte, Ein Wuchtkristall, der jede Flutenflucht bezwingt;

Du birgst, in dir versteint, die halbe Weltgeschichte, In der, zum Schutz, die eigne Sonderheit versinkt.

Du hast wohl fremde Sitten, andern Kult erworben, Zum Spenden aber war dein Geist zu klein,

Vom Volk ward bald das Wort des Heilandes verdorben, Und statt Vergessen luste Trug aus deinem Wein.

In Rom erschien der Griechen wunderleichte Muse Und hat sich an Italiens Lichtfeldern erfreut,

Die Urbs jedoch blieb eine rohe Riesendruse,

Die alles aufsog, was ein freier Geist verstreut.

Das Lied verknöcherte in steifen Gönnerbanden,

Die Kunst war schon vor Alarich in Rom verscharrt, Das Nazarenertum hat kurze Zeit bestanden,

Zu toten Formen ist sein Feuertum erstarrt.

Du wuchsest, Urbs, ohne das Weite zu erstreben!

Die Flora Asiens scheint in dich hineinkristallisiert, Du konntest dich mit dumpfem Punierprunk umgeben, Der Rom, das große Erdmuseum, ziert.

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