Das Nordlicht. Bd. 1-2

in ihren einfachsten Geschöpfen. Zuerst hat uns Pfingsten sprechen gelehrt. Feuerwurzeln hat jede Sprache, und die sind heilig. Es kommt der Augenblick, wo der Dichter sich scheut, sich ihrer zu bedienen: wo er den unheimlichen Mut haben muß, sich nach dem Ursinn der Laute zu befragen. Ein früher Tag brieht im Nordschein an. Ein großes Entflammen macht die Dinge für ihre Gesamtheit lebendig — Feiertag: Pfingsten. Kein Wesen ist den andern untertänig. Der Tod hat wirklich seinen Stachel verloren. Des Menschen Sorge und Pflege um Tiere und Pflanzen wird sichtbar, »unser Muß zu Morden wird einst Gott umflehen« Ob die Tiere uns verzeihen? Vergeben wir den oberen Wesenheiten, die bei unserm Keuchen durch die Welt der Schmerzen eignen, freien Atem holen!

Die ‚Sonne ist uns bloß eine Vorsonne. Ihr Licht, ein noch heller leuchtender Künder unsrer Zukunft im schleierhaften Leuchten des Nordscheins: Luzifer! Wir suchen keine Ursonne mehr in den Plejaden: wir haben sie in uns gefunden. Täglich kann sie aufgehen, zart und kaum deutlich. Wenn wir behutsam bleiben! Vorsicht! Trauen wir noch dem Morgenstern, der in unsrer Seele schon so lange leuchtet, vertrauen wir noch unserm Glauben!

Aber auch der letzte Gipfel des Ararat wird schwer erstiegen. Es gilt die Heiligung des finstersten Planeten! Die Rechtfertigung der Geschöpfe. Die Ebenbürtigkeit des Weibes. Wie einst in Alexandria, vor dem wirklichen Mittelmeer, so steht nun der Mensch vor der Nordsee seiner Seele. Die dionysischen Chöre des Nildeltas ertönen echohaft in Europa, Schiffer und Fischer hier wie dort:

Die glühenden Wünsche des Südens umbranden Das dunkelnde Nordmeer. Frenetische Frauen

Enthüllen die Brüste in Brunstsarabanden. Die Küste umrauschen Gelüste der Auen,

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