Der Gottesbegriff meister Eckharts : ein beitrag zur bestimmung der methode der Eskhartinterpretation
66, 74, 81, 87—89, 94, 104. Jundt Nr. 7—10; Bremen ce. 18 V ed. Brethauer, ZfdA 69.
Es soll hier nur eine andeutende Übersicht gegeben werden, in welcher Weise die Bewertungsakzente verteilt worden sind. Aus der Darstellung selbst ist das im einzelnen ersichtlich.
So schwierig die Überlieferungsfrage der deutschen Predigten ist, so eindeutig scheint sich dennoch die Interpretationsmethode für sie zu ergeben. Fine eigentliche Interpretationsschwierigkeit besteht vielmehr nur bei derjenigen Schrift, die äußerlich betrachtet gerade das Gegenteil erweisen sollte, die uns gerade hinführen sollte zur adaequaten Interpretation, weil Eckhart sich darin gleichsam selbst interpretiert: in der lateinischen Rechtfertigungsschrift. In der modernen Ec&hartliteratur wird denn auch ausgiebig gerade diese Schrift zur Interpretation herangezogen. Es muß sogleich ausdrücklich betont werden, daß für eine systematische Interpretation nichts irreführender sein kann. Die Rechtfertigungsschrift gibt uns im Grunde keine systematisch-theologischen, sondern das psychologische Problem Eckhart selbst auf. Man darf niemals vergessen, daß es eine Verteidigungsschrift ist, in der Eckhart unter Lebensgefahr seine kühnen, die Kirchenlehre sprengenden und vernichtenden theologischen Überzeugungen rechtfertigen soll vor den kirchlichen Zensoren. Hier wird gleichsam die Unmittelbarkeit des Ausdrucks seines religiösen Erlebnisses durch den häßlich inquisitorischen Blick der Ketzerverdäctigung in sich selbst bewußt und unsicher gemacht und in vielen Fällen auf die gefügte Form der korrekten Kirchenlehre zurücgescheucht. Denn ein die Kirche selbst zerstörender Ketzer wollte Eckhart nicht sein und er war es nicht. Seine Verteidigung ist zwar eine heftige Abrechnung mit seinen ihn mißverstehenden Gegnern, aber der impulsive und heftige Ausbruch seines Hasses gegen ihre Unverschämtheit und Unkenntnis trifft sie nur insosern, als sie ihn selbst positiv nicht verstanden, nicht aber sofern sie seine Lehre als unkirchlich zensierten, denn sie hatten sehr genau erfaßt, daß er in dem allein erlaubten Sinne kein getreuer Sohn der Kirche war. Man wird mit der Legende brechen müssen, daß die Zensoren ihm übel wollten (Karrer). Es mag eine persönliche Feindschaft zwischen Eckhart und ihnen bestanden haben. dafür sprechen seine heftigen Ausfälle gegen sie; aber es ist doch sehr bemerkenswert, daß die zensierten Texte von wenigen Ausnahmen abgesehen durchgehend Kernstücke seiner Theologie sind, die grundsätzlich von der Kirchenlehre abweichen. In der Auswahl und Kritik der Texte scheint ihrerseits durchaus keine besondere Gehässigkeit obgewaltet zu haben, sondern im Gegen-
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