Die Klassengegensätze von 1789 : zum hundertjährigen Gedenktag der grossen Revolution
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lüſtern war; die Holländer wurden des Krieges bald müde, da ſich für ſie eine Entſchädigung nicht finden wollte. Am verhängnißvollſten aber wurde die wachſende Gegnerſchaft zwiſchen Oeſterreich und Preußen. Rußland und Preußen hatten ſih nämlich îim Winter 1792/93verſtändigt und die zweite Theilung Polens vollzogen. Oeſterreich bekam als Entſchädigung die Ausſicht auf ein Stück von Frankreich! Preußen drohte, augenbli>li<h vom Kriege gegen Frankreih zurüctzutreten, wenn England und Oeſterreich der Theilung Polens nicht zuſtimmten. Die freundſchaftlihen Gefühle, namentli<h des leßteren, für Preußen wurden dadurh nicht verſtärkt. Die ganze öſterreichiſche Kriegführung hatte nun einzig die Aufgabe im Auge, alle diejenigen Theile Frankreichs zu beſezen, auf die es Anſpruch machte, das Elſaß und einen Streifen Nordfrankreichs. Preußen aber, vollauf in Polen beſchäftigt, zeigte keine Luſt, ſi energiſch an einem Unternehmen zu betheiligen, das aus einem Kriege gegen die Revolution ein Eroberungskrieg des Rivalen Oeſterreich geworden war. Das preußiſche Heer vergeudete viel Zeit mit der Belagerung von Mainz und ſah dann faſt unthätig zu, wie die Franzoſen und Oeſterreicher ſi< im Elſaß herumſchlugen.*) Als aber nun gar Oeſterreich eine Annäherung an Rußland vollzog, ſo daß Preußen fürchtete, von ſeinen beiden „Verbündeten“ betrogen zu werden, da, im September 1793, brach es den Krieg gegen Frankreich faſt völlig ab und ſandte die Mehrzahl ſeiner Truppen vom Rhein an die polniſche Grenze, ſih ſeinen Antheil an ES Beute dort zu ſichern. 2 Noch ſlimmer ſtand es mit der Koalition 1794; zwiſchen England und Spanien entſtand ein Zwieſpalt, und in Polen brah im Frühjahr eine Erhebung aus, die folche Dimenſionen annahm, ZE daß die Ruſſen ihrer niht Herr wurden und die Preußen ihnen zu Hilfe eilen mußten. Jebt war an deren Theilnahme am franzöſiſchen Kriege niht mehr zu denken und auh Oeſterreißh fonnte niht mehr ſeine volle Kraft demſelben zuwenden. Poles > leßte Stunde war gekommen, und Oeſterreich mußte erhebliche Truppen an der polniſchen Grenze aufſtellen , damit es nicht bei der dritten Theilung ebenſo bei Seite geſchoben werde wie bei
*) „Man (nämlih Preußen) durfte nicht vollſtändig ſiegen, man hatte
nur noh die Aufgabe, zwiſchen einem feindſeligen Genoſſen (Oeſterreich) und einem günſtig geſinnten Feind (Frankreich) das Gleichgewicht zu halten.“ (Sybel, 11. Bd., S. 258.) E