Geschichte der auswärtigen Politik Österreichs im 19. Jahrhundert.

A. Die Kongreſſe. 97

fällt mir die Auſgabe zu, ihn aufzurichten, da er die traurige Gewohnheit hat, immer wieder zu ſtürzen. Viele Könige glauben, daß der Thron nur ein Fauteuil iſt, auf dem man bequem einſchlaſen fann. Jm Jahre 1821 iſt jedoch ein ſolcher Schlaſſeſſel re<ht unbequem und ſ{lecht ausgepolſtert 1). Troßdem unterſtüßte der öſterreichiſche Miniſter das Schre>ensregiment, das der eidbrüchige Herrſcher, der die beſ<hworene Verfaſſung fröhlih verworfen hatte, nun entfaltete.

Jn Laibach erſuhren die Kongreßteilnehmer auh von der Revolution, die mittlerweile in Piemont ausgebrochen war. Jm Tagebuche des Herrn von Geng findet man vermerkt, wie beſtürzt die Herren waren. „Dieſer unerwartete Schlag traf mih wie uns alle ſehr hart.“ Aber wozu hatte man marſchbereite Regimenter und gut ausgeſtattete Arſenale? Kräftiger als die Völker konnten ſih die Kanonen Gehör verſchaſſen. Öſterreich intervenierte auf ſeine Art in Piemont, und die Diplomaten hatten die Genugtuung, noch in Laibach zu erfahren, daß die ſardiniſche Revolution gewaltſam unterdrücét worden ſei. Mit ſalbungsvollen Worten zeigte Metternich den Höfen an, daß der Kongreß ſein verdienſtvolles Werk vollendet habe. „Die heilſamen oder notwendigen Veränderungen der Geſeßz=gebung und Verwaltung der Staaten dürfen nur von der freien Willensbeſtimmung, von dem aufgeklärten, überlegten Entſchluſſe derer, welchen Gott die Verantwortung für den Gebrauch der ihnen anvertrauten Macht auferlegt hat, ausgehen.““ So lautete die neuſte Freudenbotſchaft an alle Kleinen und Schwachen. Für Metternich gab es reichlihen Grund, befriedigt auf das Geleiſtete zu bli>en, denn Kaiſer Franz verlieh ihm im Mai 1821 den ruhmvollen Titel eines Haus-Hof- und Staatskanzlers. Der leßte Auserwählte, dem eine ſo hohe Ehrung zuteil wurde, war Fürſt Kaunig.

Ein unwürdiger Monarch iſt ſicherli<h König Ferdinand VII. von Spanien, ein Bourbone, geweſen. Aber das hinderte nicht, daß ſich die Vorkämpfer der Reaktion ſelbſt für dieſen bei ſeinem Volke verhaßten Herrſcher einſegten. Als von Madrid aus ein Hilferuf an die Großmächte erging, dem ränkevollen König in ſeinem Rachezuge gegen die Konſtitutionellen beizuſtehen, da fühlte ſih Zar Alexander ſoglei<h berufen, ſeine Bereitwilligkeit zu bekunden. Ebenſo ließ ſih Metternich nicht lange bitten. Nachdem er die Vorbeſprehungen mit den maßgebenden Diplomaten nach ſeinem Wunſche

1) Aus Metternihs nachgelaſſenen Papieren. 3. Band. ANUG 374: Charmaßtz, Öſterr. ausw. Politik. TL. 7