Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871

Royer - Collard. — Guizot. 229

die Rü>kehr Napoleon's von Elba, die Unterbrechung in der Entwi>ke= lung freiſinniger Einrichtungen , und dur< das neu entzündete Parteiz treiben verändert werden,

Montesquiou hatte ſi< zur Ausarbeitung des neuen Preßgeſebes zweier Männer, Royer-Collard's und Guizot's, bedient, die ſpäter allges mein bekannt wurden, und von denen namentlich der lettere einen entſchiedenen Einfluß auf die öffentliche Meinung und ſelbſt auf das Ge= ſchi> ſeines Landes ausüben ſollte.

Royer= Collard war noch ſehr jung, ſhon unter dem Direktorium Mitglied des Rathes der Fünfhundert geweſen, aber immer ein Anhänger des verbannten Königshauſes geblieben, und hatte eine Zeit lang mit Ludwig XVIII. in geheimem Briefwechſel geſtanden. Während des Kai= ſerreiches hatte ex ſi< auf ſeine Wirkſamkeit als Profeſſor der Philoſophie an der Sorbonne beſchränkt, und für vieſe in Frankreich lange vernah= läſſigt geweſene Wiſſenſchaft eine neue Theilnahme anzuregen gewußt. Royer- Collard war Einer der Erſten unter den von Napoleon mit Ab= neigung und Mißtrauen betrachteten ſogenannten Ideologen geweſen. Die Reſtauration übergab ihm die mit dem Miniſterium des Innern verbundene General=Direftion des Buchhandels und der Preſſe. Er beſaß eine große Unabhängigkeit des Charakters, eine ſeltene Schärfe und Klarheit des Geiſtes, und ragte durch eine in dieſer Art unerreicht gebliebene, eigenthümlich gediegene Gabe des Vortrages unter allen franzöſiſchen Rednern hervor. Er war damals den Bourbonen, in denen er den äußerſten Gegenſat zu Napoleon zu erkennen glaubte, eifrig ergeben, erſt ſpäter ſollte er mehr von der Vertheidigung der liberalen Inſtitutio= nen in Anſpru<h genommen werden. Seine innerſte Geſinnung kann indeſſen aus der Antwort erſehen werden , die er einer Perſon ertheilte, die ihn darüber aushorhen ſollte, ob ihm die Verleihung eines Adels= diploms angenehm ſein würde: „Nur meine Anhänglichkeit an den König fann mi vie Beleidigung vergeſſen machen , die in einer ſolchen Zumuz thung liegt!“ — Seine religiöſen Ideen ſtimmten mit ſeinen politiſchen überein. So wie ex die legitime Monarchie mit den Forderungen einer freien Vexfaſſung in Uebereinſtimmung geſeßt ſehen wollte, eben ſo war er, obglei< dem fatholiſhen Glauben zugethan, der unumſchränkten Herrſchaft des Pabſithums entgegen, und hielt an den Gränzen feſt, welche dieſem von der gallikaniſchen Kirche gezogen worden.

Guizot, von Royer-Collard begünſtigt, hatte ſi früh hervorgethan und war Profeſſor der Geſchichte an der Sorbonne geworden. Die Größe und Mannigfaltigkeit der ſeit 1789 in Frankreih und Europa