Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

werden. Mit den Wahrnehmungszentren stehen die Bewegungszentren in Verbindung. Die Muskeln drücken die Reaktion, die Antwort des Körpers auf die seelischen Eindrücke aus und auch die Bewegung der mimischen Muskeln, die Einstellung eines Sinnesorgans auf den Eindruck ist eine zweckmäfßige Reaktion. Je nach der Natur des Reizes, ob es ein optischer, akustischer, ein Geruchsreiz ist, aus welcher Richtung, in welcher Stärke er daherdringt, wird das Sinnesorgan auf die ihm möglichst angemessene Aufnahme eingestellt. Die genaue Einstellung auf den Reiz nennen wir Kontakt, die vollständige Berührung mit ihm. Die Kontaktmomente jeder Sinneseinstellung, die Bedingungen, unter welchen der Kontakt möglichst intim wird, spielen in der Ausdrucksphysiognomik die größte Rolle.

Es ist zwar hauptsächlich ein Nerv, der Gesichtsnerv (Nervus facialis), der die mimischen Muskeln versorgt und steuert, aber dieser Nerv ist ein Sammelbündel von verschiedensten Elementen, nicht anders als eine Landstraße, der entlang zur Ergänzung ihrer eigenen Verkehrsfunktion ein Eisenbahngeleise und überdies ein Telegraphendraht ziehen. Der Hauptstrang des Gesichtsnerven ist ein Bewegungs-, ein motorischer Nerv. Es mischen sich aber ° auch Nervenfasern von Sinnesnerven mit ein, und diese Verbindung wird um so mannigfaltiger, in je höhere Nervenzentren wir die Facialisbahn hinaufbegleiten. Drittens mischen sich unter die vom bewußten Willen dirigierten Nervenfasern des Facialis zahlreiche dem sogenannten sympathischen Nervensystem entstammende unwillkürliche Nervenfasern, so daß auch der Gesichtsausdruck selbst zum großen Teil ohne Zutun unseres bewußten Willens vor sich geht. Das Nervenzentrum, aus dem die gefühlsgeladenen, unwillkürlichen Ausdrucksbewegungen gesteuert werden, ist der Thalamus (Fig. 10),

68