In jedes Menschen Gesichte steht seine Geschichte : Lehrbuch der Physiognomie : mit 140 Abbildungen
Urbeit wäre lohnend, wenn diefe Lehre mit dem Fortjchritt der Menjchheit gleichen Schritt gehalten hätte. Leider verlor fie ich in rätjelhafte Hirngejpinnfte, in vermorrene und verfchmommene Theorien, gelangte in Mißfredit und gilt bis heute al$ ein „unmwürdiges“ Objekt der Forjhung, das aus der Rumpelfammer der Wifjenihaft gar nicht hervorgeholt wird. Wer diefem auffallend vernadhläffigten Wijjenszmweig feine Aufmerfjamteit widmet, muß gefaßt fein, daß die Erbpäcdhter der Wifjenfchaft fein reines Gewand bejudeln, obwohl die Graphologie — das jüngite Reis diejes HZmweiges — miljenjchaftliher Anerfennung ji) erfreut, und die Phrenologie ernjter Beachtung fi) zu erfreuen beginnt. Wir wollen die Jahrtaufende im jchnellen Fluge durcheilen, um bei den namhaftejten Bertretern Sekunden verweilen zu fünnen. Den erjten Berfuch, den Gefihtsausdrud auf bejtimmte Srundjäße zurüdzuführen, wurde von feinem Geringeren unternommen, als dem Altmeifter der Bhilofophie. Ariftoteles jchrieb bereits ein eigenes Bud in jehs Kapiteln, das er >Physiognomonica< nannte. Darin lehrte er die Merfmale des Antlites entziffern, legte aber dem mimijchen Ausdruck des Gefichtes wenig Bedeutung bei, weil die Leidenjchaften von zu Furzer Dauer fein. Wichtiger erjchien ihm der Vergleich der geiftigen Eigenfhaften mit den Eigentümlichfeiten der Tiere. Aehnlichkeit in der äußeren Gejtalt bedinge aud) eine Nehnlichkeit in der Charafteranlage fagte er, darum fei das Antli durch Vergleiche mit Tiergefihtern zu erklären. Die Wehnlichkeit eines Kopfes mit diejem oder jenem Tier berechtige, auf ähnliche Wefensart zu jchliegen. So bedeuten dide Najen wie beim Ochfen aud) beim Menfhen — Trägbheit, jpite Nafen wie beim Hund Säbhzorn, feine Haare wie beim Hirih und Hajen — Furdtjamfeit, rauhe Haare wie beim Eber und Löwen — Mut. Jragmentariihe Winfe über die Bhyjiognomif haben indejjen auch andere Vhilojophen fallen Lajjen. Solche find uns von Golon, Pythagoras, Sokrates und WPlato befannt. Der leßtere prüfte aufmerfjam die Mienen der Hörer und wollte Häßlihe in jeinem SKreife gar nicht jehen. Nnerfennende WusIprüche in reichlicher Fülle befigen wir von den Römern, es jet nur an Cicero, Sulla, Cäjar und die Auguren erinnert. Ein großer Kenner und Förderer diejfer Kunjt war Plinius, und zu Den