Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

werden. Der König will jedoh, daß dies nicht ohne eine Feierlichkeit geſchehe. Die Miniſter fürchten die Empſind= lichkeit Napoleon's; dieſe Rückſicht erbitterte und empörte das Gefühl des Königs und ex hat vollkommen Recht, in dieſer Sache niht auf ſie zu hören. Ex befahl \<ließli<, daß die Kinder des Prinzen den Sarg im Dom empfangen, und daß ein Theil der Garniſon, alle Perſonen des Hofes und die Miniſter dem Sarge folgen ſollten; das Ganze wird am 21. Abends ſtattfinden. 20. März.

Jh war heute leider genöthigt, dem König zu widerſprechen wegen der Art, wie die jüngeren Hofdamen ihre Trauer tragen und hatte eine Scene mit ihm.

21. März.

Früh Morgens brachte man mix einen kleinen Brief ges Königs, in dem er mi< auf eine ſehr rührende Weiſe

m Entſchuldigung bittet, falls ex mich geſtern geärgert haben ſollte. J< antwortete ſogleich und ſagte ihm, ich ſet natürli ſehr betrübt geweſen, aber daß er meine innige Anhänglichkeit an ihn wohl kenne und daß ih ihn in allen Dingen um nichts Anderes bäte, als einzig um Entſchiedenheit. Später ging ih zu ihm hinauf zu meiner gewohnten Stunde und ex war ſehr gnädig wie immer! —

Der König und die Königlichen Prinzen gingen in den Dom, um die Leiche des Prinzen Louis zu erwarten; alle Anderen folgten zu Wagen dem Sarge, der von Bellevue aus kam. Der Zug war ſehr ſchön. und feierlih, doh nur eine mäßige Anzahl von Truppen dabei, um das Ganze nicht als eine Demonſtration erſcheinen zu laſſen. J<h blieb in meinem Kabinet allein; dieſe Erinnerungen bewegen mix

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