Poimandres : Studien zur griechisch-ägyptischen und frühchristlichen Literatur

174 V. Ausbreitung der Hermetischen Literatur.

Demnach können auch die mannigfachen arabischen Versuche, die Verbindung chaldäischer und ägyptischer Sternenkunde in der Geschichte des Kultgründers widerzuspiegeln, sehr wohl auf ältere hellenistische Tradition zurückgehen, zumal die ägyptischen Formeln in ihnen oft fast unverändert wieder begegnen. So berichtet z. B. El-Qiftih (Chw. II 529; 531; 753): Hermes stammte aus Babylon; sein Lehrer war Seth, der Sohn des Adam; von Babylon zog er nach Ägypten und lehrte die Menschen Gott zu verehren; er unterwies sie in Philosophie und Astrologie; er teilte sie in drei Klassen: Könige, Priester und Gemeine; er gründete die Städte und lehrte sie verwalten u. s. w. Ziehen wir den ägyptischen Hermes-Bericht ab, so bleibt ein auffallendes Gegenbild zu der samaritanischen (?) Erzählung des Eu, polemos bei Eusebios Praep. ev. IX 17, nach der Abraham die Astrologie und „das andere“ aus Babylonien nach Ägypten gebracht und die Priester von Memphis unterrichtet hat; als erster „Erfinder“ wird Henoch (Atlas), der Nachkomme des Seth, genannt.!) Man muß sich gegenwärtig halten, daß kurz vorher tatsächlich die babylonische Astrologie nach Ägypten übertragen war, um den Charakter derartiger „naheliegender“ Erfindungen voll zu würdigen.

Daneben begegnen uns in zahlreichen arabischen Quellen Scheidungen dreier verschiedener Persönlichkeiten des Namens Hermes

die Giganten, welche den Turm von Babylon bauten; andere sahen in ihm den Sohn des Hermes. Auch diese Erfindung ist relativ alt, wie der iepebc rWv adurwv "Iwv bei Zosimos erweist (vgl. oben S. 9). Nach anderer Seite interessiert uns die harranitische Tradition, welche dem Hermes außer Ssabi, dem mythischen Gründer der Religion, noch Aschmun, Athrib und @ofth (Koptos) zu Söhnen gibt, also die Eponymen dreier ägyptischer Hauptstädte (Chw. I 758; Harran als Eponym der syrischen Stadt schließt sich später an). Die Tradition kann nur in ägyptisch-hellenistischen Kreisen entstanden sein; von den mancherlei Parallelen (z.B. Babylon von dem gleichnamigen Sohne des Bel, bei Stephanos von Byzanz) hat besondere Wichtigkeit die Angabe des vor Alexander Polyhistor lebenden Samaritaners Theodotos, der Eponym der heiligen Stadt Sichem sei der Sohn des Hermes gewesen (Eusebios Praep. ev. IX 22). Unsere Theologen haben die Angabe wohl doch zu leicht genommen; Hermes ist in dieser Gegend natürlich der ägyptisch-phönizische Lehrer und Herrscher Thot, der ja auch in Ägypten die heilige Stadt gründet. Hermetische Einflüsse werden uns in Samarien noch später begegnen.

1) Das Gegenbild bietet Diodor T 81, 6: die „Chaldüer“ in Babylon sind imorxoı der Ägypter und haben ihre astrologischen Spekulationen von ägyptischen Priestern erlernt,

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