Zwölf Tage auf Montenegro : Heft 1. Reisebericht

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Pferdehaaren bezogen iſt, und mit einem Bogen, ebenfalls mit Pferdehaaren beſpannt, geſtrichen wird. Nur wenige Töne werden darauf hervorgebracht, und dieſe wiederholen ſich als Begleitung zum Geſange faſt ununterbrochen in langſamen Zuge, indem einige Triller mit ihnen abwechſeln. Der Sänger hub alsbald aus voller Bruſt ſeinen Geſang an. Es war ein Heldenlied, eine Lobpreiſung montenegriniſher Kriegsthaten, die unzählig in dem Munde des Volkes zur Ermunterung und zur Freude wiederklingen. Die Art und Weiſe des Vortrags war ſo bedeutſam und merkwürdig, daß ih mit den tiefen Ernſt theilen mußte, in welchen alle anweſenden Montenegriner verſekt worden waren, die ſh um uns, theils auf der Bank, theils auf der Erde gelagert hatten, und mit unverwandten Augen den Sänger betrachteten. Verſe wurden nicht etwa dur Abſchnitte in der Melodie merklich bezeichnet, ſondern es wurde nur dann inne gehalten, wenn der einmal geſchöpfte Athemzug nicht mehr ausreihte. Da aber der Athem am Anfange natürlich“ heftiger aus der gepreßten Bruſt hervortrat, ſo war auch der Geſang dann am lauteſten und glich bisweilen einem tief ausgeſtoßenem Seufzerruf. Auf der Gusli ertönte nur der Grundton und ſeine Terze, auf und nieder, hin und wieder, im Achtel Takte und nur in gewiſſen Zwiſchenräumen trillerte das Monochord im Dreiſchlage mit einem vierten Nachſchlage zugleich mit der Stimme des Sängers. Der {wer melancholiſche, in Moll aus vollen Kräften ausgeſteßene Ton ſtimmte beim Hervorbrechen aus der Bruſt nie mit dem Klange der Saite überein, ſondern war, je nah der Menge der geſhöpften Luft, um eine Terze, ja ſelbſt um eine Quinte höher, und ſank nah und nach bis zu den übereinſtimmenden Trillern hinab, erhob ſich dann etwas, und trillerte wieder, erhob ſi< no< einmal, und mehrere Male bis er zuleßt mit dem Athem lang hingezogen verhauchte.

Der größere Theil der montenegriniſchen Lieder klingt nur in dem Munde des Volkes wieder. Einige wenige kennt man aus einem montenegriniſchen Kalender der ſeit 1835 allſährlich aus der Fkleinen biſchöflihen Dru>erei zu Cettigne unter dem Namen Gerliza (Turteltaube) in ſerbiſcher Sprache hervorgeht. *)

*) Herr Heinrich Stieglis, dec Verfaſſer der Schrift: „„Ein Beſuch auf Montenegro“, in den Reiſen und Länderbeſchreibungen der