Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 1.
Roman von Adolph Stre>fuß. 11
Nux einen flüchtigen Bli> widmete der junge Mann dem hübſchen Landſchaftsbild, viel intereſſanter wax ihm der Sänger, den er jeßt nur wenige Schritte entfernt vor ſich ſah.
Dicht an dem ſchroff zum See abfallenden Rande des Raſenfle>es fniete, den langen Oberkörper ſtarr emporgerihtet, die fnochigen gefalteten Hände zum Himmel emporhaltend, der Choralſänger, der, ohne den Lauſcher zu bemerfen, mit volltönender Stimme ſeinen Geſang fortſegte. Er war ein no< junger Mann, der wohl kaum älter als etwa ſe<sundzwanzig Jahre ſein mochte, aber den welten, ſ<laffen Zügen des bartloſen Geſichts fehlte ganz die jugendliche Friſche, ſo daß man verſucht war, den Mann für viel älter zu halten, als er wirflih war. Er hatte das Geſicht gen Himmel gerichtet, mit zwei großen, dunkelbraunen, weit hervortretenden, ausdru>slofen Augen _ ſaute er ſtieren Bli>es zum flimmernden blauen Aether empor. Den großen, fleiſchigen Mund hatte er weit ge= öſſnet, während er aus voller Bruſt den leßten Vers des Chorals fang.
Schön war der Sänger wahrli<h niht, aber noh häßlicher, als ex war, erſchien er dur< die unpaſſende, ihm um den Leib ſ<lotternde ſchwarze Kleidung. Ein alt= modiſcher ſchwarzer Fra, deſſen lange ſpiße Schöße wie ein Schwanz hinter ihm auf dem Raſenboden lagen, hing unordentli<h von dem fnochigen Körper nieder, ſ{<warze Beinkleider, eine ſ<warze, vorn aufgeſchlagene Weſte, die ein Hemd von zweifelhafter Weiße ſehen ließ, eine hohe, abgeſhabte, ſ<warzſeidene Halsbinde, aus welcher zwei