Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

166 ' Su

Melanie den Augenbli> herbeiſehnen, wo ſie eine Stelle annehmen und ihre Mutter verlaſſen könne. L

Die Räthin hiell der Tochter ihre Gleichgiltigkeiï gegen ‘den Brief vox; ſie tadelte aber no< ernſtlicher ihren Mangel an Taft, an Würde, an richtiger Aufrechthaltung beſtehen= der geſelliger Schranken. Sie ſchalt, daß Melanie ſich bei Bredemanns zu ganz gewöhnlichen Hilfeleiſtungen hergebe, und mit dem jungen Gärtner vertraulich, als ſei er ihre8= gleichen, inder Laube arbeite.

„Dix ſcheint die einer Dame nöthige Feinheit der Untexſcheidung zu fehlen,“ fuhr ſie eifrig fort. „I, eine geborene v. Düntviß, muß für mi und meine Kinder eine “ xeſervirte Stellung fordern und feſthalten. Cin Mann iſt nie ein Herr, und eine Dame aus der guten Geſellſchaft, die gewöhnt iſt, ſich unter Cavalieren zu bewegen, fann und darf cinem ſimpeln Manne aus dem Arbeiterſtande feinerlei perſönliche Annäherung geſtatten , keine geſelligen Rechte einräumen.“

Als Melanie nach dem ſolchergeſtalt verbitterten Mit= tag8mahl in ihr Zimmer gegangen, tönte von allen den Reden, die ſie hatte mitgenießen müſſen, nur das eine Wort der Mutter in ihr nah: „Ex iſ ein Mann und fein Herr!“ — Za, ein Mann war ex, und wel ein braver, tüchtiger Mann! War denn ein Mann nicht das Exſte und Höchſte ? Welch ein Ehrentitel : ein ganzer Mann! Der junge Graf, welcher ſie dur< ſeine zudringliche Arroganz aus Schloß Hochheim vertrieben, galt gewiß in den Augen ihrer Mutler für einen vollendeten Herrn, und wie gering erſchien er doh, wenn ſie ihn mit Robert vergli! Robert beſaß