Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 7.

Novelle von A. v. d. Elbe. 183

Die Regierungsräthin hatte längſt ebenſo gut gefühlt wie Melanie, daß ſie und ihre Tochter nicht zu einander paßten, und daß das Zuſammenleben ihnen mehr läſtigen Zwang als Genuß bringe. Sie wußte ferner, wie ſ<wer es war, dauernd gute Stellen für eine junge Lehrerin zu erlangen. Endlich aber betrachtete ſie die Che als vortheil= hafteſte Verſorgung und beſaß die Eitelkeit, ſih durch eine „gute Parthie“ ihrer Tochter geehrt zu fühlen; ein ſo ſchönes Mädchen wie Melanie durfte keine alte Jungſer werden! Aus allen dieſen Gründen wünſchte ſie nichts ſehnlicher, als Melanie zu verheirathen, und die dur Doktor Schmidt’s Benehmen zur feſten Zuverſicht geſtei= gerte Hoffnung regte ihre Phantaſie zu allerlei erfreulichen Zukunftsbildern an.

Noch mit dem Ausmalen derſelben beſchäftigt, wurde fie dur< eine geſ<wäßige Freundin unterbrochen, deren Neuigkeiten fie heute zum erſten Male langweilten. Sie lächelte überlegen in dem Gefühl, etwas fo viel Wichtigeves zu wiſſen, und konnte ſi endlih die Genugthuung nicht verſagen, das Glü> ihrer Tochter — natürlich in den zar= teſten Andeutungen und unter dem Siegel der Verſchwiegen= heit — mitzutheilen. Als die überraſchte Freundin, erfüllt von dem hochwichtigen Geheimniß — das raſh weiter zu verbreiten ſie ſi<h vornahm — eben das Haus verließ, wurde daſſelbe von der anderen Seite durch Doktor Schmidt und die beiden jungen Mädchen betreten.

Die Räthin, welche nicht begriff, weshalb des Gärtners Nichte das Paar begleite, eilte ihnen erregt entgegen.

Oben an dex Treppe ſtellte der Bräutigam, völlig argz