Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

Von Georg Jachmann. 205

abziehen müſſen, wenn der Schuſter niht den Borſchlag gemacht hätte, daß dic Herren ſi< in das Stübchen theilen möchten. Das war Beiden re<t geweſen, Friedland, weil er fein Geld hatte, und Teichmann, weil er viel Geld ge=brauchte, und ſo waren die beiden wenig harmonirenden Seelen dur<h das Schi>ſal an einander gekettet worden.

Valentin Friedland wax der Sohn eines armen Webers aus dem Dorfe Trobhendorf bei Görliß und urſprünglich feineswegs zum gelehrten Stande beſtimmt geweſen. Als aber der Troßendorfer Pfarrer eines Tages Valentin überraſchte, wie ex beim Hüten der Dorfheerde unter einer Eiche Schreibverſuche mit Kienruß anſtatt der Tinte, und auf Birkenrinde anſtatt des Papiers machte, hatte der= ſelbe den Buxſchen felbſt in Unterxicht genommen.?, Einige wohlhabende Freunde des Pfarrers hatten es ſpäter ermögs licht, daß Friedland die Univerſität Leipzig beziehen konnte. War unſer Freund ehedem der fleißigſte Schüler geweſen, ſo wax ex jeht in Leipzig der eifrigſte Student und der Lieblingsſhüler der Profeſſoren, unter denen der berühmte Peter Moſellanus einmal in einer Lobrede von ihm ſagte, daß „er zur Regierung einer Schule ebenſo geeignet wäre, wie Scipio Afrikanus zur Führung eines Heeres“. Frei= lih blieb bei feinen Arbeiten dem guten Valentin keine Zeit übrig für die ſtudentiſchen Vergnügungen, auh trug er keinen Raufdegen, der ihm auch niht viel hätte nüßen fönnen, da ex fechten zu lernen niht der Mühe füx werth gehalten hatte, machte keinem der hübſchen Leipziger Büx= germädchen den Hof und ſchlug ſchüchtern die Augen nieder, wenn ihm eine ſchelmiſche Evastochter begegnete.