Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens : mit Original-Beiträgen der hervorragendsten Schriftsteller und Gelehrten. Bd. 4.

208 Ein Schulrektox aus dex guten alten Zeit.

Wie originell die Lehrmethode des ſpäter ſo berühmt gewordenen Mannes geweſen ſein muß, mag aus ſeiner Antrittêrede vor ſeinen Schülern hervorgehen, indem ex dieſe hoffnungsvollen Goldberger anredete: „Gott grüß Euch, Jhr Edeln, Bürgermeiſter, Rathsherren, Jhr kaiſer= lichen, königlichen und fürſtlihen Räthe! Gott grüß Euch, Jhr Künſtler, Gewerbsmeiſter, Kaufleute, Krämer, Büttel, Henker und Lumpenleut in Zukunft!“ Ex wollte ſeinen Schülern damit ſagen, daß es in ihrer Macht läge, Alles dies zu werden, je nachdem ſie fleißig oder faul ſein würden. Seine Thätigkeit war übrigens für Goldberg eine ſehr ſegen8reiche, und der Ruf ſeines Gymnaſiums verbreitete ſi<h weit über die Grenzen Schleſiens. Mit Recht konnte er von ſeinen Schülern einmal ſagen, daß ex aus ihnen allein eine zahlreiche Armee gegen die Türken in's Feld ſtellen könnte. Er ging ſo vollkommen in ſeiner pädagogiſchen Thätigkeit auf, daß ex keine Zeit übrig be= hielt, um an's Heirathen zu denken; ex blieb bis an ſein Ende ein Hageſtolz.

Es war im Hochſommer des Jahres 1533, und in dem ſonſt ſo ſtillen Goldberg herrſchte ein überaus rege? Leben. Die jungen Burſchen und Mädchen hatten ihren Sonntagsſtaat an, troßdem weder Sonntag noh ſonſt ein kirchlicher Feſttag war, und ſpazierten ſcherzend und lachend auf den Straßen umher, gerade als ob es in der ganzen Welt nichts mehr zu thun gäbe, denn es war der leßte Tag des großen Königsſchießens, welches diesmal doppelt großartig gefeiert wurde, weil ein reicher Tuhmacher —