Bitef
trivialen Anschauungen vom Goetheschen Klassizismus ein für allemal den Boden zu entziehen. Mit ihnen deiegant ein romantisches Element in das Schauspiel, dessen Dialektik es negiert und konserviert. Der tiefe dialektische Zusammenhang des Stücks aber dürfte darin auszusuchen sein, daß Orest vermöge seiner schroffen Antithese zum Mythos diesem anheimzufalle droht. Die Dichtung prophezeit den Umschlag von Aufklärung in Mythologie. Dadurch, daß Orest den Mythos als ein von ihr Entfernter, wenn nicht vor ihm Geflohener verurteilt, identifiziert er sich mit jenem herrschaftlichen Prinzip, in dem, durch Aufklärung hindurch, das mythische Verhängnis sich verlängert. Aufklärung, die sich
selbst entläuft; die den Naturzusammenhang, von dem sie durch Freiheit sich scheidet, nicht in Selbstreflexion bewahrt, wird zur Schuld an der Natur, einem Stück mythischen Naturzusammenhangs. An einer sehr verstechten Stelle der Dichtung blitzt das auf. Thoas, der Übervorteilte, mit dem das Gedicht insgeheim sympathisiert, verfügt gegen die Zivilisierten über das Argument von den Wilden, die doch bessere Menschen seien. Im letzten Auftritt sagt er: »Der Grieche wendet oft sein lüstern Auge/Den fernen Schätzen der Barbaren zu/Dem goldnen Felle, Pferden, schönen Tqchtern;/Doch führte sie Gewalt und List nicht immer/Mit den erlangten Gütern glücklich heim.«
[Theodor W. Adorno]