Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1
2A Ein Blick auf das Leben der Geſamtheit.
Die Säugetiere ſind weſentlih Landbewohner, und je einhelliger entwielt eine Art unſerer Klaſſe iſt, um ſo mehr wird ſie Landtier ſein. Jm Waſſer finden wir daher bloß die ungleihmäßiger entwi>elten, plumpeſten oder maſſigſten, auf dem Lande dagegen die ebenmäßigſten, edelſten Geſtalten. Die größten Landſäuger ſind im Vergleiche zu den Walen Zwerge. Das Waſſer erleichtert jede Bewegung einer großen, ungeſchlahten Maſſe und je leichter ein Tier ſih zu bewegen vermag, um fo größer kann es ſein. Daß auch das Umgekehrte ſtattfindet, beweiſen alle Tiere, welche zu ihrer Fortbewegung große Kraftanſtrengung nötig haben, wie z. B. die Gräber und Flatterer, die Maulwürfe oder Fledermäuſe. Bei ihnen iſt die Körpermaſſe in demſelben Verhältniſſe verkleinert, in welhem ſie bei den Waſſerſäugern ſih vergrößert hat.
So zeigt ſi alſo ſchon in der Leibesgröße eine Übereinſtimmung mit der Lebensweiſe des Tieres. Noch mehr aber ſtimmt dieſe leßtere mit der Ausrüſtung überein. Daß ein Fiſch: oder Floſſenſäuger ſhwimmt oder ein Flattertier fliegt, verſteht ſi< eigentlih von ſelbſt, ebenſogut aber auh, daß der Affe oder das Eichhorn oder die Kage klettern, der Maulwurf gräbt und die Viel- und Einhufer oder Wiederkäuer auf dem Boden laufen: ihre Gliederung weiſt ſie dazu an. Hierzu kommt nun noch die Willkürlichkeit in der Wahl des Ortes, um den Aufenthalt eines Tieres zu beſtimmen.
Hinſichtlich der Ordnungen läßt ſich folgendes ſagen: Die Affen der Alten Welt find Baums- oder Felſentiere, die der Neuen und die Äffer aber aus\<hließli<h Baumtiere; die Fledermäuſe treiben ſi<h in der Luſt umher, ſ{hlafen aber auf oder in Bäumen M in Klüften; die Kerbtierräuber leben größtenteils auf dem Boden, einige aber auh unter der Erde und andere ſogar auf Bäumen; die fleiſhſreſſenden Raubtiere bewohnen Bäume und Felſen, den Boden und das Waſſer: doh gehört die größere Anzahl den Erdtieren an, und nur ſehr wenige führen ein teilweiſe unterirdiſches Leben; die Beuteltiere hauſen auf der Erde, in Höhlen, im Waſſer und auf Bäumen, die Nagetiere überall, nux niht im Meere, größtenteils aber in Höhlen; die Zahnloſen ſind Erd-, Höhlen- und Baumtiere; die Huftiere leben wieder größtenteils auf dem Boden, einige aber au<h im Sumpfe oder im Waſſer ſelbſt; die Floſſenfüßer und Wale ſind Waſſerbewohner.
Es muß jedem, welcher beobachtet auffallen, daß der Wohnkreis des Tieres häufig in dem Geſchöpfe ſelbſt ſi< kundgibt. Die Zuſammengehörigkeit von Land und Tier offenbart ſih nicht ſelten in den jedem Tiere eigentümlichen Formverhältniſſen, namentlich aber ſehr [haxrf und bezeihnend in der Färbung. Als allgemeine Regel kann gelten, daß das Säugetier eine Färbung beſißt, welche der vorherrſhenden Färbung ſeines Wohnortes mehr oder weniger entſpricht. Der außerordentliche Vorteil, welchen das Tier von einer ſolchen Gleichfarbigkeit mit ſeiner Umgebung ziehen kann, wird klax, wenn wir bedenken, daß das Raubtier an ſeine Beute möglichſt unbemexrkbar ſih anſleihen, das ſhwache Tier aber ſi{h vor dem Räuber möglichſt gut verſteen muß.
Schon die Affen ſind dur<hgehends ihren Wohnorten gleich gefärbt und Braun, Graugrün und Grau die hauptſächlihſten Färbungen ihres Haarkleides; ſie entſprechen eben der Baumrinde oder dem Gelaube und Graſe ſowie den Felſen, auf denen ſie wohnen. Alle Flattertiere, welhe auf Bäumen leben, zeigen ebenfalls eine braune oder grünliche Färbung, diejenigen, welche in Felſenrizen ſ{<lafen, das ungewiſſe Grau der Felſen oder der Dämmerung. Unter den Raubtieren finden ſi viele, welche als wahre Spiegelbilder ihrer Heimat zu betrachten ſind. Der Wolf trägt ein e<htes Erdkleid: das Fahlbraun und Grau ſeines Pelzes ſchmiegt ſih allen Färbungen ſeines Wohnkreiſes an; Reineke, der Schleicher, zeigt Uns, daß er bei uns zu Lande ebenſowohl zum Nadel- wie zum Laubwalde paßt; ſein Vetter im Norden, der Polarfu<hs, legt im Winter ein Schneekleid, im Sommer ein Felſenkleid an; ein anderes Glied ſeiner Sippſchaft, der Fenek, trägt das ijſabellfarbene