Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/1

Fiſchotter: Jagdweiſe. Nahrung. Fortpflanzung. Abrichtung. | 675

es geſchehen ſein würde, wenn ein Fiſch die Urſache geweſen wäre. Als die Ente dieſe Strömung wahrgenommen hatte, ſtand ſie ſchnell auf und ſtrich weg. Die Strömung kam Boſh immer näher, und er ſ{hoß endlih mit ſtarken Schroten auf ſie hin. Nach dem Schuſſe blieb das Waſſer ruhig, Boſh nahm ‘einen Kahn, fuhr damit an die Stelle und unterſuhte mit dem Ladeſtoke, an dem ſi< ein Kräßer befand, das Waſſer. Er verſpürte bald eine weihe Maſſe, bohrte dieſelbe an und brachte einen Fiſchotter männlichen Geſchlechts empor. Von nun an hörten alle Verheerungen unter dem Waſſergeflügel auf.“ Auch dieſer Fall ſteht niht vereinzelt da. Waltl nahm, wie Jäckel ferner mitteilt, einem Otter, welder eine am Schwanze ergriffene Henne eben in ſeinen Bau unter einer Erle unter das Waſſer ziehen wollte, die Beute wieder ab. Die Henne flatterte und breitete die Flügel aus; der Diter aber zerrte ſo lange, bis dem Huhne der Schwanz ausgeriſſen war. Jm Jahre 1851 fand der Revierförſter Schre> ein zufällig in ein Ottereiſen gegangenes Waſſerhuhn, welches na<hts vorher von einem Otter zur Hälfte verzehrt worden war. Die andere Hälfte des Vogels wurde an dem Springer des Eiſens befeſtigt, und am nächſten Morgen hatte ſih der Otter, welcher ohne Zweifel den Reſt ſeines geſtrigen Nachhtmahles holen wollte, glü>lih gefangen. Ähnliches berihtet Blanford aus Jndien als Augenzeuge. Nach ihm jagen die Otter dort häufig gemeinſchaftlih zu fünf und ſehs, töten raubgierig viel mehr, als ſie verzehren können, und nehmen niht nur Fiſche, Kruſter, Fröſche, ſondern auh Eier und Waſſervögel; er ſah einmal ſogar mehrere mit einem kleinen Krokodile beſchäftigt, vermochte indeſſen nicht feſtzuſtellen, ob ſie ſelbſt es getötet hatten. McMaſter beobachtete einmal mindeſtens ſe<s Otter, welche in einem weiten Halbkreiſe und in Abſtänden von etwa 50 m verteilt einen See regelre<t abjagten, <hwimmend, tauchend und wieder an der Oberfläche erſcheinend mit erhaſchten Fiſchen, die ſie töteten, aber niht verzehrten, ſondern ſorglos fallen ließen.

Ob der Fiſchotter während ſeines Freilebens au< Pflanzenſtoffe frißt, weiß ih niht mit Beſtimmtheit zu ſagen; wohl aber habe ih beobachtet, daß er ſolche in der Gefangenſhaft durhaus niht verſ<mäht. Eine Möhre war denen, welche ih pflegte, oft eine bevorzugte Speiſe, eine Birne, Pflaume, Kirſche eine Le>erei. Da nun die meiſten übrigen Marder an Fruchtſtoffen Gefallen finden, glaube ih annehmen zu dürfen, daß der Marder des Waſſers auh im Freien Obſt und dergleichen niht liegen läßt.

Eine beſtimmte Rollzeit hat der Otter nicht; denn man findet in jedem Monate des Jahres Junge. Gewöhnlich fällt die Paarungszeit in das Ende des Februars oder den Anfang des März. Männchen und Weibchen lo>en ſich dur einen ſtarken, anhaltenden Pfiff gegenſeitig herbei und ſpielen allerliebſt miteinander im Waſſer umher. Sie verfolgen einander, ne>en und foppen ſih; das Weibchen entflieht ſpröde, das Männchen wird ungeſtümer, bis ihm endli<h Sieg und Gewähr zum Lohne wird. Neun Wochen nach der Paarungszeit, bei uns gewöhnli< im Mai, wirft das Weibchen in einem ſicheren, d. h. unter alten Bäumen oder ſtarken Wurzeln gelegenen, Uferbau, auf ein weiches und warmes Graspolſter 2—4 blinde Junge. Die Mutter liebt dieſe zärtlih und pflegt ſie mit der größten Sorgfalt. Ängſtlich ſucht ſie das Lager zu verbergen und vermeidet, um ja niht entde>t zu werden, in der Nähe desſelben irgend eine Spur von ihrem Raube oder ihrer Loſung zurüzulaſſen. Nach etwa 9—10 Tagen öffnen die niedlichen Kleinen ihre Augen, und nah Verlauf von 8 Wochen werden ſie von der Mutter zum Fiſchfange ausgeführt. Sie bleiben nun noh etwa ein halbes Fahr lang unter Aufſicht der Alten und werden von ihr in allen Künſten des Gewerbes gehörig unterrihtet. Jm dritten Fahre ſind ſie erwachſen oder wenigſtens zur Fortpflanzung fähig.

JZUnge, aus dem Neſte genommene und mit Milh und Brot aufgezogene Fiſchotter

können ſehr zahm werden. Die Chineſen benugen eine Art der Gattung zum Fiſchfange 43*