Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/2
12 Vierte Ordnung: Raubtiere; vierte Familie: Hyänen.
beſonders gefürchtet. Fn ihrer Heimat gibt es gemeinigli<h ſo viel Aas oder wenigſtens Knochen, daß ſie nur ſelten dur< den Hunger zu kühnen Angriffen auf lebende Tiere gezwungen wird. Jhre Feigheit überſteigt alle Grenzen; doh kommt auch ſie in das Fnnere der Dörfer herein und in Ägypten wenigſtens bis ganz nahe an dieſe heran. Auf dem Aaſe, welches wir auslegten, um ſpäter Geier auf ihm zu ſchießen, erſchienen des Nachts regelmäßig Hyänen und wurden uns deshalb läſtig. Wenn wir im Freien raſteten, kamen ſie häufig bis an das Lager geſchlichen, und mehrmals haben wix von unſerer Lagerſtätte aus, ohne aufzuſtehen, auf ſie feuern können. Bei einem Ausfluge nah Sinai erlegte mein Freund Heuglin eine geſtreifte Hyäne vom Lager aus mit Hühnerſchrot. Troß ihrer Zudringlichkeit fürchtet ſih kein Menſch vor ihr, und ſie wagt wirklich niemals, au<h nur Schlafende anzugreifen. Ebenſowenig gräbt ſie Leichen aus, es ſei denn, daß dieſe eben nur mit ein wenig Sand oder Erde überde>t ſeien; an den ſchauerlichen Erzählungen alfo, wel<he man in Schaubuden von ihr hört, iſt ſie unſhuldig. Jn ihrer Lebensweiſe ähnelt ſie der Tüpfelhyäne, findet ſi jedoch ſehr ſelten in größeren Geſellſchaften beiſammen. Fn Fndien werden, laut Blanford, ſelten mehr als zwei bei einander geſehen; auch dort leben ſie vor zugsweiſe von Aas, ſchaffen aber oft große Stücke davon nach ihren Verſte>en. Gelegentlih rauben ſie Schafe, Ziegen, öfter no< wohl Hunde. Ferdon berichtet das Nämliche und erzählt, daß einſt der Éleine Hund eines Dffiziers fortgeſhleppt, aber von einigen Soldaten noh lebend aus der bekannten Höhle der Hyäne befreit wurde, nachdem der Räuber getötet worden war. Adams ſteht allein mit der Angabe, daß die Streifenhyäne ſehr unter dem Hausgeflügel aufräume. Jung eingefangen, gilt ſie in Fndien für leiht zähmbar und ſehr gelehrig, auch ſoll ſie große Anhänglichkeit an ihren Herrn zeigen. Aus eigener Erfahrung kann ih einiges über gezähmte mitteilen, welche ih in Afrika längere Zeit beſaß. Wenige Tage nach unſerer erſten Ankunft in Chartum kauften wir zwei junge Hyänen für 1 Mark unſeres Geldes. Die Tierchen waren etwa ſo groß wie ein halb erwachſener Dachshund, mit ſehr weichem, feinem, dunkelgrauem Wollhaare bede>t und, obſchon ſie eine Zeitlang die Geſellſhaft der Menſchen genoſſen hatten, noch ſehr ungezogen. Wir ſperrten ſie in einen Stall, und hier beſuchte ih ſie täglich. Der Stall war dunkel; ih ſah deshalb beim Hineintreten gewöhnli< nur vier grünliche Punkte in irgend einer Ee leuhten. Sobald ih mic nahte, begann ein eigentümlihes Fauchen und Kreiſchen, und wenn ih unvorſichtig nah einem der Tierchen griff, wurde ich regelmäßig tüchtig in die Hand gebiſſen. Schläge fruhhteten im Anfange wenig; jedoch bekamen die jungen Hyänen mit zunehmendem Alter mehr und mehr Begriff von der Oberherrſchaft, welche ih über ſie erſtrebte, bis ich ihnen eines Tages ihre und meine Stellung vollkommen klar zu maten ſuchte. Mein Diener hatte ſie gefüttert, mit ihnen geſpielt und war ſo heftig von ihnen gebiſſen worden, daß er ſeine Hände in den nächſten 4 Wochen niht gebrauchen konnte. Die Hyänen hatten inzwiſchen das Doppelte ihrer früheren Größe erreiht und konnten deshalb auch eine derbe Lehre vertragen. Jh beſchloß, ihnen dieſe zu geben, und indem ich bedachte, daß es weit beſſer ſei, eines dieſer Tiere totzuſchlagen, als ſih der Gefahr auszuſeßen, von ihnen erheblih verlegt zu werden, prügelte ih ſie beide ſo lange, bis keine mehr fauchte oder fnurrte, wenn ih mich ihnen wieder näherte. Um zu erproben, ob die Wirkung vollſtändig geweſen ſei, hielt i< ihnen eine halbe Stunde ſpäter die Hand vor die Schnauzen. Eine bero dieſelbe ganz ruhig, die andere biß und bekam von neuem ihre Prügel. Denſelben Verſuch machte ih no< einmal an dem nämlichen Tage, und die ſtö>iſche biß zum zweiten Male. Sie bekam alſo ihre dritten Prügel, und dieſe ſchienen denn auh wirklih hinreichend geweſen zu ſein. Sie lag elend und regungslos in dem Winkel und blieb ſo während des ganzen folgenden Tages liegen, ohne Speiſe anzurühren. Etwa 24 Stunden nach der Beſtrafung ging ich wieder in den Stall und beſchäftigte mih nun längere Zeit mit ihnen.