Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 1/3

22 Neunte Ordnung: Rüſſeltrere.

brandſchaßte. Eines Morgens wurde der wiederum von einem unerlaubten Weidegange heimkehrende le>ere Burſche hart bei der Ortſchaft Morlay entde>t. Die herausſtürmenden Bewohner erhoben einen ſo gewaltigen Lärm, daß ſelbſt dieſer abgehärtete Übelthäter ſich verwirren ließ und bei ſeiner Flucht in einen Sumpf geriet. Dort blieb ex ſte>en und wurde zunächſt mit Steinen und Knüppeln beworfen. Als die Leute aber merften, daß ihr böſer Gaſt rettungslos feſtſaß, wagten ſie ſih mit Strohbündeln heran, warfen dieſe auf ſeinen Hinterteil und ſebten den Haufen in Brand. Während ſie nun noch berieten, wie ſie ihrem Feinde vollends den Garaus machen fönnten, raffte dieſer noch einmal alle ſeine Kräfte zuſammen und arbeitete ſih aus den Flammen und dem Moraſte heraus. Obwohl ziemlich ſtark angeröſtet, blieb er doh am Leben und vergalt den Dörflern ihre Grauſamkeit noh manches Jahr dur die beharrlih fortgeſeßte Verwüſtung ihrer verſtreuten Feldſtü>e. Die Inder erzählen auch, daß manche der fre<hſten Plünderer die Wächter mit ihren Fa>eln ganz nahe herankommen laſſen, dann mittels des Rüſſels Waſſer aus ihrem Schlunde ziehen und die Fad>eln ausſprißen. Dieſe und andere Angaben ſind jedo<h ungenauer Beobachtung entſprungen oder einfa erfunden.

Der Elefant zählt leider ebenfalls zu denjenigen Tieren, welche ihrem Untergange entgegengehen. Man verfolgt ihn niht, um ſi< wegen des von ihm verübten Schadens zu rächen, ſondern aus reiner Jagdluſt oder des koſtbaren Elfenbeines halber und hat deshalb von jeher einen Vernichtungskrieg gegen ihn geführt. Der Schade, welchen er anrichtet, ließe ſi ertragen, obgleih er zuweilen dur<h ſonderbare Gelüſte unangenehm wird. So zogen Elefanten den indiſchen Straßenbaumeiſtern wiederholt die Merkpfähle aus dem Boden, welche die Leute mühſam zur Bezeichnung der anzulegenden Straßen geſeßt hatten, und in Senegambien wird geklagt, daß ſie Telegraphenleitungen zerſtören; man hat daſelbſt zu kurze Stangen angewendet, ſo daß die Drähte zu niedrig hängen und den Tieren keinen freien Durchgang geſtatten. Der Elefant wurde in Indien und wird no in Afrika ſhonungslos verfolgt. Fn Jndien und Ceylon wurden auch zahnloſe oder ſ<hwach bewehrte Männchen, ſogar die zahnloſen Weibchen und Zungen aus reiner Jagdluſt niedergeſchoſſen und vielleicht noh häufiger in Fallgruben gefangen, in welchen ſie ſih beim Einſtürzen ſehr oft derartig beſchädigten, daß ſie zu Dienſtleiſtungen nicht zu verwenden waren. Fn Afrika werden beide wohlbewehrte Geſchlechter um ihres Elfenbeines willen gejagt und zwar ſowohl von Eingeborenen als auch von europäiſchen Erwerbsjägern. Leider verfahren ſelbſt dieſe niht immer ſ{honend, ſondern morden auh nublos. So ſhoſſen z. B. vor einem Jahrzehnte einige Boers im Norden des jeßigen Deutſh-Südweſtafrika an einem Tage eine ganze Herde nieder: 105 Stück, Männchen, Weibchen, Kälber. Und mancher „Sportsman“ ſchießt ohne Bedenken auf das erſte beſte Stück, das ihm in den Weg kommt, wenn auch gar keine Ausſicht iſt, es zur Stre>e zu bringen, nux um auh Elefanten gejagt zu haben. Die Tiere ſind zählebig, und Geſchoſſe aus gewöhnlichen Gewehren haben höchſtens die Wirkung, daß die getroffenen Stücke ſpäter elend zu Grunde gehen. Fn der offenen Landſchaft, 3. B. in Südafrika, wo man auf gut geſchultem Pferde \ſih in beliebiger Entfernung vom Elefanten bewegen fann, verwendet man zur Jagd häufig das engliſche Militärgewehx und bringt ihm mit dieſem ſ{nell nacheinander ſo viele Kugeln bei, bis er ſtürzt. Wo aber die Tſetſefliege den Gebrauch der Pferde unmöglih macht, und beſonders in waldigen oder buſchreihen Gebieten, da jagt man zu Fuß Und bedient ſih ſehr ſhwerer Flinten mit glatten Läufen oder wuchtiger Doppelbüchſen, meiſtens Kaliber 8, welche mit etwa 20 & Pulver dreimal ſo ſchwere gehärtete Nundkugeln ſchießen. Langbleigeſchoſſe mit Stahlſpiben oder Exploſionsgeſchoſſe ſind bei den exfahrenen Jägern als unwirkſame Künſteleien außer Gebrauch gekommen. Da man ſi im Dikicht ganz nahe an das Wild heranbirſcht, die meiſten Schüſſe innerhalb einer Entfernung von 30 Schritt und mit entſprechender