Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1, str. 380

344 Erſte Ordnung: Baumvögel; elfte Familie: Finten.

Loſtimme, die beim Auffliegen oft wiederholt und aut im Fluge häufig ausgeſtoßen wird, iſt ein ſcharfes „Zi&“, der Warnungsruf ein gedehntes „Sieh“, der Ton der Zärtlichkeit ein ſanfteres „Ti>“, der Geſang weder angenehm noch laut, dem Geräuſche, das ein in Bewegung geſeßter Strumpſwirkerſtuhl hervorbringt, in der That ähnelnd, da auf ein wiederholtes „Tid ti>“ ein unnahahmliches Klirren folgt und das ſonderbare Tonſtü>k beendet. Während des Singens nimmt die Grauammer verſchiedene Stellungen an und bemüht ſi na<h Möglichkeit, mit ihren Gebärden dem mangelhaften Geſange na<zuhelfen. Liebenswürdige Eigenſchaften zeigt ſie niht, iſt im Gegenteile ein langweiliger Vogel, der außerdem friedfertigeren Verwandten dur<h Zankſucht beſ<hwerli<h fällt.

Das Neſt wird im April in eine kleine Vertiefung in das Gras oder zwiſchen andere decende Pflanzen, immer nahe über dem Boden, gebaut. Alte Strohhalme, tro>ene Grasblätter, Hälmchen bilden die Wandungen; die innere Höhlung iſt mit Haaren oder ſehr feinen Hälmchen ausgelegt. Die 4—6, etwa 24 mm langen, 18 mm dien Eier haben eine feine, glanzloſe Schale und ſind auf matt gräulichem oder ſ<mutig gelblichem Grunde, und zwar am ſtumpfen Ende am dichteſten, mit rotbläulihgrauen Punkten, Flehen und Strichelchen gezeihnet und geädert. Die Jungen werden mit Kerbtieren groß gefüttert und ſind zu Ende Mai flugbar; ſobald ſie ſelbſtändig geworden, ſchreiten die Alten zur zweiten Brut; wenn au dieſe glü>lih vollendet iſt, ſharen ſih alle in Flüge und beginnen nun ihre Wanderung.

Man ſtellt der Grauammer des le>eren Bratens halber mit dem Gewehre oder mit dem Strichneße, auh wohl auf eignen Herden nah. Für das Gebauer fängt man ſie niht.

Häufiger, jedo<h kaum mehr verbreitet, iſt die Goldammer (Emberiza citrinella, sylvestris und septentrionalis). Die Länge beträgt 17 cm, die Breite 27, die Fittichlänge 8,5, die Shwanzlänge 7 cm. Kopf, Hals und Unterteile ſind ſhön hochgelb, die Stirn, ein von ihr aus über den Augen bis zum Na>en, ein zweiter vom hinteren Augenrande bis auf die Schläfe verlaufender Längsſtreifen und der Hinterhals olivengraugrün, ſpärlich dunkel längs8geſtrichelt, Kopf und Kopfſeiten zimtrotbraun, Bürzel und Oberſhwanzneden etwas dunfler, Mantel und Schultern fahl roſtbraun, die unteren Körperſeiten mit dunkelbraunen, zimtbraun geſäumten, die oberen mit breiten hwarzen Schaftſtrichen gezeichnet, die Shwingen ſ{<warzbraun die der Hand mit ſhmalen blaßgelben, die Armſchwingen und deren De>ken mit breiten fahl roſtbraunen Außen-, die größten Oberſlügelde>en auh mit roſtbraunen Endſäumen , eine Querbinde bildend, geziert, die Schwanzfedern ſ{hwarzbraun, außen ſ{hmal heller geſäumt, die beiden äußerſten innen mit breiten weißen Endfle>en ausgeſtattet. Der Augenring iſt dunkelbraun, der Schnabel dunielblau, an den Schneiden heller, der Fuß rötlichgelb. Bei dem Weibchen ſind alle Farben matter, Scheitelfle>en, Augenbrauen, Kinn und Kehle deutlih gelb, Kropf und Bruſt matt roſtbräunlich gefärbt.

Nord- und Mitteleuropa, ebenſo ein großer Teil Aſiens, namentlich Sibirien, ſind die Heimat der Goldammer. Jn Deutſchland fehlt ſie keinem Gaue, ſteigt auh im Gebirge bis gegen die Waldgrenze auf und darf da, wo zwiſchen Feldern, Wieſen und Dbſtpflanzungen niedrige Gebüſche ſtehen, mit Sicherheit erwartet werden.

_JFm Süden geſellt ſih ihr, hier und da vertritt ſie die über ganz Südeuropa lü>enhaft verbreitete und ebenſo in der Schweiz, in Frankreich, Belgien, England und Südweſtdeutſ<hland ſtellenweiſe vorkommende, ihr in Sein und Weſen, Stimme und Geſang höchſt ähnliche Zaunammer, He>ken-, Zirb-, Pfeif- und Frühlingsammer, Zaunund Waldemmerling, Moosbürz, Zizi 2c. (Emberiza cirlus und eleathorax).