Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Schwarzſpecht: Leben3weiſe. Weſen. Nahrung. 605

füt“ der leßtere wie „füh“, einſilbig, lang gezogen und ſehr durchdringend, oder wie „Flihä flihä flicee““. Beim Neſte ſtößt er aber noh andere Laute aus. Sein Flug iſt von dem ſeiner Verwandten ſehr verſchieden. Er fliegt niht in dem Grade ru>weife oder in aufund abſteigender Linie wie andere Spechte, ſondern wellenförmig, faſt in gerader Richtung vorwärts, wobei er die Flügel ſehr weit ausbreitet und ſtark ſ{lägt, ſo daß es ausſieht, als ob ſi< die Schwingenſpigen biegen, niht unähnlih dem Eichelhäher. Der Flug iſt ſanfter und ſcheint niht ſo anzuſtrengen wie der anderer Spechte, deshalb vernimmt man auch nict ein Schnurren der Flügel wie bei dieſen, ſondern ein eignes Wuchteln, das, nah Naumann, bei trüber, feuhter Witterung beſonders hörbar wird. Obgleich er ungern weit fliegt, legt er doh zuweilen Stre>en von 2 km und mehr in einem Striche zurü>. Prachtvoll nimmt ſi der fliegende Schwarzſpecht aus, wenn er ſih von der Höhe des Gebirges aus in eines der tiefen Thäler herabſenkt. Bei dieſer Gelegenheit bethätigt er die volle Kraft ſeines Fluges und unterbricht das ſauſende Herabſtürzen nur dann und wann durch einige leichte Flügelſhläge, die mehr dazu beſtimmt zu ſein ſcheinen, ihn in wagerehter Richtung von den Wipfeln der Bäume wegzuführen als wiederum auf die Höhe eines der Bogen zu bringen, die auh er beim Fliegen beſchreibt. Als meine kärntneriſhen Freunde mich in die Karawanken geleiteten und wir hoc oben im Gebirge von einem Fagdhäuschen aus die herrliche Landſchaft unter uns überbli>ten, waren es zwei Shwarzſpechte, die unter förmlih jauchzenden Rufen auf und nieder flogen und dabei Flugkünſte entfalteten, die ih dem Vogel nimmermehr zugetraut haben würde. Auf dem Boden hüpft er ziemlih ungeſchi>t umher; demungeachtet kommt er nicht ſelten, hauptſählih den Ameiſenhaufen zu Gefallen, auf ihn herab. Jm Klettern und Meißeln iſt er der geſchi>teſte unter allen europäiſchen Spechten. Wenn er klettert, ſet er immer beide Füße zu gleicher Zeit fort, wie alle ſeine Verwandten. Er hüpft alſo eigentlih an den Bäumen hinauf und zwar mit großer Kraft, ſo daß man es deutli hört, wenn er die Nägel einſhlägt. An Stauden klettert er zwar auch, aber doch ſeltener, und niemals meißelt er hier wie in den brüchigen Bäumen, in denen er Roßameiſen oder die Larven der Rieſenweſpe wittert. Beim Klettern hält er die Bruſt weit vom Baumſtamme ab und biegt den Hals nach hinten zurü>.

Die großen Roßameiſen und ihre Puppen ſowie alle Arten von Holzwürmern, alſo namentlich die Larven der holzzerſtörenden Käfer, die ſih in Nadelbäumen aufhalten, auh die Käfer ſelbſt, bilden die Nahrung des Schwarzſpehhtes. „Jh habe“, ſagt mein Vater, „mehrere geöffnet, deren Magen mit Roßameiſen angefüllt waren. Vorzüglich aber liebt er die Larven der großen Holzweſpe. Jch habe einige unterſucht, die nichts als dieſe Larven und ihre no< unverdauten harten Köpfe im Magen hatten. Auch habe ih Mehlwürmer, desgleihen den ſ<hädlihen Borken- und Fichtenkäfer, die rote Ameiſe nebſt ihren Puppen in unglaublicher Menge in ihrem Magen gefunden.“ Den Baſchkiren ſoll der Schwarzſpecht unangenehm werden, weil er gleih ihnen den wilden Bienen nachſtrebt und Höhlungen, die dieſe bevölkern, dur< ſeine Arbeiten zerſtört. Bechſtein behauptet, daß er auh Nadelholzſamen, Nüſſe und Beeren freſſe; ſpätere Beobachter haben dieſe Angabe jedo<h nicht beſtätigt. Um zu den Larven oder Holzweſpen und zu den Holzkäfern zu gelangen, meißelt er große Stücke aus den Bäumen und Stö>en heraus, wogegen er ſi<h der Ameiſen ganz nah Art der Ameiſenfreſſer bemächtigt, indem er ſie an ſeine kleberige Zunge anleimt.

Die Paarungszeit fällt, je nachdem die Witterung günſtig oder ungünſtig iſt, in die erſte oder zweite Hälfte des März. „Das Männchen“, ſo fährt mein Vater fort, „fliegt dann dem Weibchen mit lautem Geſchrei Viertelſtunden weit nah, und wenn es dieſes betreten hat oder des Nachfliegens müde iſt, ſeßt es ſi<h an einen oben dürren Baum und fängt an zu ſchnurren. Er wählt an einem ſolchen Baume diejenige Stelle, an welher das Pohen ret ſchallt, ſeßt ſich daran, ſtemmt den Schwanz auf und klopft ſo ſchnell mit dem