Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Dreizehenſpeht. Buntſpecht. Maurenſpecht. 615

Die Buntſpechte (Dendrocopus) gelten als die vollendetſten Mitglieder der Geſamtheit, weil ſie faſt ausſ<ließli< ſtammlebig ſind und nur ausnahmsweiſe zum Boden herabfommen. Sie gehören zu den mittelgroßen und kleinen Arten und ſind verhältnismäßig gedrungen gebaut. Der Schwanz iſt lang und keilförmig, das Gefieder regelmäßig auf ſ<hwarzem Grunde weiß gezeichnet. Die hierher gehörigen Arten bewohnen faſt alle Verbreitungsgebiete der Spechte überhaupt, ausſchließli< des äthiopiſhen Reiches.

Unſer Bunt-, Band-, Rot- oder Schildſpeht (Dendrocopus major, Picus major, cissa, pinetorum, pitiopicus, frontium, montanus, pipra, alpestris, mesospilus, breyirostris, sordidus, lucorum und baskirensis, Dryobates major, Abbildung S. 616) darf als das bekannteſte Mitglied dieſer Gattung betrachtet werden. Er entſpricht ſeinem Namen; denn ſein Gefieder iſt wirklih außerordentli<h bunt. Oberkopf und Oberſeite ſowie ein ſ<maler Zügelſtreifen, der ſih vom Schnabelſpalte nach hinten zieht und an den Halsſeiten, gegen die Bruſt hin ſi erweiternd, verläuft, aber nicht mit dem der andern Seite verſchmilzt, find ſhwarz, Zügel- und Kopfſeiten bis auf die Schläfen, ein länglicher Querfle>en auf den Halsſeiten hinter den eben genannten Teilen ſowie ein breites Längsfeld auf den Schultern weiß, die Unterteile ebenſo, meiſt jedoh durh Schmut getrübt, ein breiter Hinterhauptfle>en, die Aftergegend und unteren Shwanzde>en hoch ſcharlachrot, die Handſchwingen gezeichnet mit fünf, die Armſchwingen mit drei weißen Querfle>en, die bei zuſammengelegtem Flügel fünf Querbinden bilden, die äußeren beiden Schwanzfedern in der weißen Endhälfte mit zwei \<warzen Querbinden, wogegen die dritte jederſeits nur einen ſ{<hwarzen Querfle>en zeigt. Dem Weibchen fehlt das Rot des Hinterkopfes. Bei den Jungen iſt der Oberkopf karminrot. Das Auge iſt braunrot, der Schnabel licht bleifarben, der Fuß grünlihgrau. Die Länge beträgt 23— 25, die Breite 46—48, die Fittihlänge 16, die Schwanzlänge 8,5 em.

Jn Nordweſtafrika wird unſer Buntſpecht durch den Maurenſpecht, in Syrien und Paläſtina, Perſien, China und am Himalaja dur< andere Verwandte vertreten, welche die verſchiedenen Forſcher bald als ſelbſtändige Arten, bald nur als Abarten erklären. Der Maurenſpe<t (Dendrocopus numidicus, Picus nnmidicus, numidus, mauritanicns, Iunatus, jugurtha und jaballa und Leuconotopicus numidicus) verdient áus dem Grunde Erwähnung, weil ex na< eignem Befunde in Spanien und ein ihm wenigſtens ſehr nahe ſtehender Vogel, nah Altum, einmal im Münſterlande vorgekommen iſt. Er unterſcheidet ſi< vom Buntſpechte dur<h beträchtlih geringere Größe und außerdem dadurch, daß die ſ<warzen Streifen der Halsſeiten weniger entwickelt ſind, dafür aber beide durch ein quer über die Unterkehle ziehendes, prächtig hochrotes, bei alten Vögeln ſ{hwarz geſäumtes, bei jüngeren dur< ſ{<warze Fle>en getüpfeltes Querband vereinigt werden.

Ganz Europa und Sibirien bis Kamtſchatka ſowie Fapan ſind die Heimat des allbekannten Buntſpechtes. Er darf als die gemeinſte unſerer europäiſchen und ebenſo als die häufigſte der ſibiriſhen Arten bezeichnet werden. Fc habe ihn in allen Ländern unſeres heimatlichen Erdteiles, die ih bereiſte, gefunden und zwar, mit alleiniger Ausnahme der Alpen, ſoweit die Waldungen reihen. Er bewohnt Lappland ſpärlih, das ſüdliche Skandinavien und Finnland bereits ziemlih häufig und iſt im ganzen übrigen Europa wenigſtens keine Seltenheit, obwohl er in Spanien, entſprechend der Baumarmut des Landes, viel vereinzelter auftritt als bei uns. Dasſelbe gilt für Griehenland, nicht aber für Ftalien. Hier begegnet man ihm ebenſo häufig wie in Deutſchland und zwar in den verſchiedenſten Waldungen. Jn der Türkei und in ganz Nußland, einſhließli<h des Kaukaſus, iſt er gemein, in Sibirien wenigſtens in allen Waldgegenden, ja niht ſelten ſogar in den waldloſen