Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Trauerſteinſ<mägzer: Verbreitung. Aufenthalt. Weſen. 65

Weibchen ähnelt dem Männchen; die dunkeln Teile des Gefieders ſind aber nicht {hwarz, ſondern rußbraun. Die jungen Vögel gleichen den Eltern derart, daß die Männchen dem Vater, die Weibchen der Mutter ähneln, nur daß ihr Kleid unſcheinbarer iſt.

Mer das grüne Deutſchland nicht verlaſſen hat, kann ſi< ſhwerlih die ſpaniſchen Gebirge vorſtellen. Sie ſind ſhön, herrlich in ihrer Art, aber mit denen des Nordens nicht zu vergleichen. Selten bedacht ſie der lebendige Wald, niemals begrünt ſie die friſche Matte; nur das Himmelslicht legt ſeinen Farbenmantel, nur die Ferne ihren Duft auf ſie; nur Die Steine ſelbſt malen ſie. .

Wenn man die ſaftige, grüne Ebene verläßt, in welcher ein ſilberner Waſſerfaden, hundertfah geſtaut und zerteilt, das ergiebige Land zur blühenden „Vega“ umwandelt, und dem Gebirge zuſchreitet, tritt man urplöglich in eine Wüſte hinaus. Man gelangt vielleicht no< in den „Campo“, in welchem die in gerader Reihe gepflanzten hundertjährigen Ölbäume ſtehen; aber dieſe ſind wahrlich niht geeignet, den Eindru> der Öde zu ſchwächen, welchen das vorliegende Land erregte. Und auch ſie bleiben dahinten; der Fuß tritt auf harten Kiesboden, welchen nur hier und da ein Pflänzchen zu dur<bre<hen wagte. Vor dem Auge das Gebirge in ſeiner wilden Schönheit. Losgeriſſene, vom Waſſer herabgeworfene Blöe bede>en ſeinen Fuß und die Ausgänge der Thäler. Zwiſchen ihnen ſieht man ſaftig grüne Oleandergebüſche und niederes Geſtrüpp; an den Berggehängen wuchern Rosmarin und unzählige Diſteln: ſie bilden hier den Wald. Möglich, daß man zufällig einige Geier, vielleicht au< einen Adler über dem Gebirge dahinſchweben ſieht; außer ihnen bemerkt man höchſtens noh eine Blaumerle, einen Rotſchwanz, einige Shwalben und Steinſperlinge: das übrige erſcheint tot. Da lenkt plöglich ein friſcher Geſang die Augen nah einer beſtimmten Stelle: das Männchen eines Trauerſteinſhmäßers ſingt ſein heiteres Lied.

Dex zierliche Vogel iſ über den größten Teil Spaniens verbreitet und kommt außerdem in Südfrankreich, Süditalien, Griehenland und Nordweſtafrika vor. Überall, wo er auftritt bewohnt er das Gebirge, vom Fuße an bis zu 2500 m hinauf. Möglich, daß er im Hochſommer noch zu bedeutenderen Höhen emporſteigt und nur im Winter in die Tieſen herabkommt, in denen ich ihn in den eigentlichen Hohgebirgen Südſpaniens antraf. Seine Lieblingspläße ſind die wildeſten, zerriſſenſten Felſen. Je dunkler das Geſtein iſt, um ſo häufiger begegnet man ihm, obwohl er auh auf lihteren Kalkfelſen niht fehlt.

Er ift ein fluger, lebendiger und ſcheuer Vogel, welcher ſelbſt das ödeſte Gebirge zu beleben vermag. Das Männchen gebärdet ſich oft höchſt ergößlih. Es tanzt förmlich auf einer Steinplatte umher oder trippelt tanzartig an einer Fel8wand in die Höhe, breitet S<hwanz und Flügel, neigt den Kopf, dreht und wendet ſich, ſteigt in die Höhe, ſingt dabei und ſenkt ſi zuleßt mit ausgebreiteten Flügeln und Schwanz langſam tief herab, um ſeinem all dieſem zuſhauenden Weibchen die lezte Strophe des Geſanges in nächſter Nähe noch hören zu laſſen. Finden ſich einzelne Bäume oder Kaktusfeigenbüſche im Gebirge, dann ruht er auh gern auf dieſen von ſeinem Singen und Tanzen aus; ſonſt wählt er die hervorragendſten Felſenplatten oder Felsblöcke zu ſeinen Nuhepläßen. Ohne Scheu kommt ev von ſeinen Höhen auf die Mauern der Gebirgsſtädte herab oder ſteigt zu den auf den höchſten Bergesſpißen liegenden Einſiedeleien empor.

Wirklich liebenswürdig benimmt er ſich bei ſeinem Neſte. Er beginnt ziemlich ſpät mit deſſen Baue, erſt um Mitte oder gegen Ende April, vielleicht auh Anfang Mai. An paſſenden Niſtpläßen fehlt es ihm nicht; denn überall findet er in den hohen, ſteilen Felſenwänden eine Höhlung, welche no von keinem Steinſperlinge in Beſiß genommen wurde. Das Neſt, für eine zahlreiche Nachkommenſchaft eingerichtet, iſt groß und beſteht aus dicht zuſammengeflochtenen Grashalmen und Würzelchen, welche inwendig ſorgfältig mit Ziegenhaaren ausgefüttert ſind. 4—5 Eier von 28 mm Längs- und 17 mm Querdurchmeſſer, hell bläulichgrüner

Brehm, Tierleben, 3. Auflage. IVY. 5