Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Waſſerſ<hmäter: Stimme, Nahrung. Lebensweiſe. 73

Beobachtung in ihrem freieſten Treiben war ih niht im ſtande, namentlich über die Frage ihrer Fiſhliebhaberei klar zu werden. Wohl beobachtete ih den Vogel, wie er mit gelüfteten oder aufgebauſ<hten Flügeln auf dem Grunde des ſeichten Waſſers dahinrennend Kerfe fing, wie er die Waſſermoosklumpen durhwühlte und ſih dabei gut ſtand, wie er auh Froſh- und Fiſchlaih niht verachtete; aber Fiſche fangen ſah ih ihn nie, obwohl es mir vortfommen wollte, als verfolge er ſolche. Um dieſe Frage aufzuklären, gab es nur ein Mittel: den Vogel zum Hausgenoſſen zu machen. Ums Neujahr erhielt ih zwei alte, welche ich jedo< nur unter der Bedingung annahm, daß mir täglich die nötige Anzahl kleiner Fiſchcen geliefert werden mußte. Die Vögel kamen mitſamt den Fiſchen bei mix an: und entlarvt waren die Fiſcher. Vielfältige Beobachtungen zeigten, daß der Waſſerſhmäßer jedem ihm im Waſſer zu Geſichte kommenden Fiſche nacſtürzte, die Beute nah einigen Sprüngen und Stößen faßte, möglihſt raſ< vorderhand ans Ufer warf und erſt dann zu näherer Beſichtigung herbeikam. Stellte ſich der Fiſch als zu groß heraus, ſo ließ er ihn einfach liegen und verderben, tauchte aufs neue und holte ſih einen zweiten. War ihm dieſer mundgere<t, ſo erfaßte er ihn quer über der Mitte des Leibes, ſchlug ihn mit Gewalt links und re<hts an die Steine, bis er in Stü>e ging und ſ<hlang dieſe einzeln hinunter, um dasſelbe Spiel erſtaunlich bald zu wiederholen. Jh mußte immer auf einen Bedarf von 20—30 fingerlangen Fiſchchen auf den Tag für jedes Stü>k rehnen. Sobald aber Frühlingswitterung eintrat, gingen die Gefangenen zu Nachtigallfutter über und mieden die Fiſchnahrung vollſtändig.“ Ein uns befreundeter Müller, deſſen Mühle der Mittelpunkt des Gebietes eines Waſſerſ<mägerpaares iſt, beobachtete, daß der Vogel bei ſtrenger Kälte das geronnene Fett, mit welchem die Zapfen der Mühlräder geſchmiert werden, ſehr gern frißt und angeſichts des Müllers ke> mit dem Schnabel abpi>t.

Das tägliche Leben des Waſſerſhmägers verläuft, laut A. von Homeyer, wie folgt: Solange das Waſſer des Gebirgsbaches klar und hell iſt, treibt es der Vogel in ſeiner gewöhnlichen Weiſe. Er iſt munter, ſobald der erſte Shimmer im Oſten ſih zeigt, und in ununterbrochener Thätigkeit bis zum Eintritte der Dunkelheit. Jn den Morgenſtunden wird fleißig geſungen, nebenbei eifrig gejagt; dann gibt es vielleicht etwas Kampf und Streit mit einem aufdringlichen Nachbar: aber auch ſolcher unterbricht das tägliche Geſchäft nux auf wenige Minuten; denn das Gefecht iſt bald beendet und der Eindringling in die Flucht geſchlagen. Kommt der Mittag heran und drückt die Sonne, ſo ſucht der Waſſerſ<hmäger in ſeinen beliebten Verſte>pläßen, in Geſtein oder Wurzelhöhlungen am Üfer, zumal am überhängenden, Schuß und verträumt hier, die weiße Bruſt dem Waſſer zugekehrt, einige Stunden, läßt jedo<h au< um dieſe Zeit etwas Genießbares nicht gleichgültig an ſich vorüberziehen. Gegen Abend wird wieder eifrig gefiſcht, gejagt, getaucht und geſungen; dann begibt ſi< jeder nah einer jener Höhlungen, welche man als Shlafpläße daran erfennen fann, daß ſie mehr als andere mit dem Kote des Vogels beſhmutt ſind. Solange es Tag iſt, ſieht man den Waſſerſhmäßer immer wah, immer munter, immer regſam, immer in Thätigkeit und ſolange dies der Fall, behält er auch ſeine ewig heitere Laune bei. Anders geſtalten ſich die Verhältniſſe, wenn längere Zeit hindurch Regen fällt und die ſonſt ſo klaren Fluten auch ſeiner Bäche ſih trüben. Dann wird es ihm ſ{hwer, die ihm notwendige Menge von Nahrung zu erwerben, und er muß daher zu beſonderen Künſten ſeine Zuflucht nehmen. Nunmehr verläßt er ſeine Lieblingsſißpläße inmitten des brauſenden Fluſſes und begibt ſi an jene Uferſtellen, wo von oben herab Gras in das Waſſer hängt, oder zu einzelnen Waſſerpflanzen, welche die Strömung auf der Oberfläche ſhwimmend erhält. Zwiſchen dieſen Pflanzen fiſcht er jett eifrig nah Art der Enten umher, indem ex zwiſchen ihnen umherwatet oder, wo das Waſſer tief iſt, ſ{hwimmt und mit dem Schnabel jeden Halm, jedes Blatt oder jede Nanke umwendet, um die auf der Kehrſeite