Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/1

Waſſerſhmäßer. Steinvötel. 75

nag öfters von Kaßen geraubt werden; alte Vögel laſſen ſi von dieſen Raubtieren kaum bethören. Raubvögel unterlaſſen es wohlweislih, auf Waſſerſhmäßer Jagd zu machen, weil dieſe bei ihrem Erſcheinen ſofort in die ſichere Tiefe ſtürzen. Von einzelnen Fiſch- (zumal Forellen-) Züchtern ſind au< unſere Schmäger auf die Liſte derjenigen Vögel geſeßt worden, deren Vertilgung notwendig erſcheint, und Girtanners Beobachtung iſt nur zu ſehr geeignet, ihre Verfolgung anſcheinend zu rechtfertigen. Thatſächlich aber dürſte der Schade, welchen ſie ciner Fiſhzu<ht zufügen, kaum nennenswert ſein. „Soll man ſie vertilgen ?“, fragt Girtanner. „Nein, ſhonen! Denn erſtens bedient ſich die Bachamſel nur während furzer Zeit des Jahres der Fiſhnahrung und auh dann nur, wenn ſie die Fiſhchen befommt, was ihr im Freien ſehr ſhwer zu fallen ſcheint. Fm übrigen Jahre vertilgt ſie eine Menge von Kerbtieren zu Waſſer und zu Lande.“ Und außerdem, füge ih hinzu, iſt ſie eine Zierde jedes Gewäſſers, welche zu erhalten in unſerer vernihtungsſüchtigen Zeit dringend angeraten werden dürſte. Zum Glück ſind Jagd und Fang des Waſſerſhmäßers niht jedermanns Sache. Erſtere erfordert einen geübten Schüßen, und der Fang gelingt mit Sicherheit auh nur dann, wenn man unter einer Brücke ein Klebenebß ausſpannt, in wel: <em ſi der Vogel beim Durchfliegen fängt. Eine abſonderliche Fangweiſe beſchreibt mir A. von Homeyer. „Ein Vogelliebhaber im Vogtlande weiß ſih der Waſſerſhmäßer mit ziemlicher Sicherheit zu bemächtigen. Er beobachtet gegen Abend den Vogel, wenn ex în ſeine Nachtherberge, alſo in eine Röhre oder ein Loch des ſteilen Uferrandes einſhlüpft, wartet die völlige Dunkelheit ab und beginnt nun ſeine Jagd. Jm Waſſer watend, {leiht er längs des Ufers dahin, in der Hand eine Blendlaterne tragend, deren Leuchtfeld beliebig geöffnet und verſchloſſen werden kann. Mit dieſer leuchtet er plöglih in die betreffende Öffnung hinein und blendet dadur< den Vogel derart, daß er ihn mit der Hand ergreifen kann. J<h erhielt, dank dieſer Fangart, den einzigen Waſſerſhmäßer, welchen ih jemals im Käfige geſehen habe. Leider gelang es mir niht, den anziehenden Vogel an ſeine Gefangenſchaft zu gewöhnen. Der Wildfang zeigte ſich ſehr ſtörriſch, ſebte ſih in die hinterſte dunkle Ede des Behälters und verweigerte hartnäig jegliche Nahrung. Das Stopfen mit Ameiſeneiern und Mehlwürmern blieb ohne Erfolg; denn ſhon am ſe<ſten Tage war mein Vogel eine Leiche. Rührend und an die Sage über den Tod des Singſchwans erinnernd, war das Ende des Tieres. Jc hatte es in die Hand genommen, um es wieder einmal zu ſtopfen, da ſtimmte es ſeinen flötenden Geſang an und — verſchied.“ Girtanner hat beſſere Erfolge erzielt als A. von Homeyex, jung dem Neſte entnommene Waſſeramſeln regelmäßig aufgeſüttert und ſelbſt alt eingefangene an das Futter gewöhnt. Einige Paare habe ih von ihm erhalten und längere Zeit gepflegt, und ih darf wohl ſagen, daß mir wenige Vögel unſeres Vaterlandes größere Freude bereitet haben als ſie.

Die Steindroſſeln, Fels\<hmäger oder Steinrötel (\Alonticola) gehören zu den größten Arten der Unterfamilie und ſind deshalb, aber auh nur deshalb, gewöhnlich den Droſſeln beigeſellt worden. Jhr Leib iſt \{<lank, der Schnabel pfriemenförmig, ſtark, aber geſtre>t, an der Stirne etwas breit, ſeicht gewölbt, mit der Spipe des Oberkiefers ein wenig über den Unterkiefer herabgebogen, der Fuß mittelhoch und ſtark, langzehig und mit großen, merklih gebogenen Krallen bewehrt, der Flügel verhältnismäßig lang, in ihm die dritte Schwinge die längſte, der Shwanz ziemlich kurz, vorn beinahe gerade abgeſhnitten, das Gefieder bunt oder ſhön einfarbig.

Der Steinrötel und Steinreitling, die Steindroſſel, Hoch- oder Gebirgsamſel (Monticola saxatilis, Turdus, Sylvia, Petrocincla und Petrocichla saxatilis,