Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 2/3
Heerſchnepfe: Stimme. Nahrung. Liebesſpiele, Fortpflanzung. Il
ſchnell wie nur möglih geſprochen, am beſten verſinnbildlichen. Da das Männchen dieſe wunderlichen Gaukeleien niht allein in der Abend- oder Morgendämmerung, ſondern auh niht ſelten am Tage und ſtets bei ganz heiterem Himmel und ſtillem Wetter ausübt, ſo hält es mit natürli ſcharfem Auge durchaus nicht ſ{hwer, die wirbelnd ſ{<nurrende Bewegung der Shwungfederſpißen bei jenem heftigen Hinauf: und Herabdrängen des Vogels durch die Luft deutlih genug wahrzunehmen und ſih zu überzeugen, daß dieſe Töne allein hierdurch hervorgebracht werden und niht aus der Kehle des Vogels kommen.“ Neuerdings hat man ſich dahin geeinigt, daß man nicht die Schwingen, ſondern die Schwanzfedern als Erzeuger des me>ernden Lautes anſieht. Die Liebesbegeiſterung beeinflußt übrigens das Männchen ſo, daß es ſein ſonſtiges Weſen gänzlich verleugnet, ſi z. B. zuweilen auf ſtarke Baumſpitzen frei hinſtellt und mit zitterndem Fluge auf und ab fliegt; auh bekümmert es ſih jeßt um andere ſeiner Art, wenn auch freilih niht in freundlicher Abſicht. Jedes Männchen ſpielt allerdings für ſih und beſchreibt ſeinen eignen Kreis in der Luſt; aber es geſchieht doch gar nicht ſelten, daß die Eiferſucht zwei zuſammenbringt und ein ziemlih ernſter Kampf ausgefochten wird.
Auf das Umhertummeln in der Luft folgt der zweite Akt des Liebesſpieles. „Wenn das Männchen mit jener gewiß ſehr anſtrengenden, ſonderbaren Bewegung ſich lange genug abgeplagt hat“, fährt Naumann fort, „ertönt aus dihtem, naſſem Verſte>e am Boden, an weniger unſicheren Orten wohl auh von einem erhabenen Steine oder Hügelchen der zärtli verlangende Liebesruf der Auserwählten zum Geliebten hinauf, und kaum hat dieſer die erſehnte Einladung vernommen, als er auch ſogleich ſeine Gaukelei beendet, feine Flügel dicht an den Leib zieht und wie ein fallender Stein, auh mit eben ſolchem Sauſen faſt ſenfreht aus der Höhe zu ſeinem Weibchen hinabſtürzt. Den dritten und lezten Akt, der nun folgt, verbergen dem Späher die dihten Umgebungen.“ Fener Ausdru> der Liebe iſt ein hoher, reiner, pfeifender Laut, den man durch die Silben „tikküp“ oder „dièp“ ungefähr wiedergeben kann. An derjenigen Stelle, von welcher ſich das Männchen gewöhnlich zu ſeinem Liebesſpiele aufſhwingt und zu welcher es wieder zurückkehrt, ſteht, rings von Sumpf und Waſſer umgeben, auf einer Erhöhung, zwiſchen Schilfgräſern ziemlich verborgen, das Neſt, eigentlih nur eine Eindrü>ung des Graſes ſelbſt, die höchſtens mit tro>tenen Blättchen und Hälmchen belegt, dur<h das weiter wachſende Gras ſpäter aber faſt vollſtändig überde>t wird. Von Mitte April an bis Ende Mai findet man in ihm regelmäßig 4 dur<ſchnittli<h 38 mm lange, 28 mm die, feinkörnige, glattſchalige, glanzloſe Eier, die auf ſ{hmugzig oder grünlich olivengelbem, auh ſ{<hwa<h graugrünem Grunde mit grauen Schalenfle>en und vielen groben Oberfle>en und Punkten von grünlicher oder rötlicher und ſ<hwarzbrauner Färbung gezeichnet ſind. Sie werden vom Weibchen allein innerhalb 15—17 Tagen ausgebrütet, die Jungen aber von beiden Eltern geführt, weshalb au< der Vater, ſobald die Kinder das Licht der Welt erbli>t haben, ſeine Gaufeleien einſtellt. Fhr buntſche>iges Daunenkleid macht ſhon na<h 8 —10 Tagen dem Fugendfleide Plaß; nah ein paar Wochen beginnen ſie bereits zu flattern, einige Tage ſpäter ſind ſie ſelbſtändig geworden.
Die Heerſchnepfe iſt, dank ihres Aufenthaltes und ihrer bedeutenden Flugfertigkeit, weniger Gefahren ausgeſeßzt als die Waldſchnepfe; Edelfalken und Habichte fangen aber doh manche, und der Fus ſucht ſie auh im Sumpfe auf. Die Brut mag wohl am meiſten vom Rohrweihen zu leiden haben. Plößliches Anſchwellen der Gewäſſer vernichtet manchmal Hunderte ihrer Neſter zu gleicher Zeit. Der Europäer verfolgt ſie ihres ſ{<ma>haften Wildbrets das dem der Mittelſchnepfe an Wohlgeſhma> zwar bei weitem nachſteht, das der Waldſchnepfe jedoch entſchieden übertrifft, allenthalben, wenn auh nicht überall mit beſonderem Eifer, weil da# Umherwaten im Sumpfe niht jedermanns Sache und