Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3
Axolotl: Gefangenleben. Verwandlung. TT
zeigten, in ein Gefäß, in dem ſie ihren Aufenthalt nah Belieben im Waſſer oder auf dem Lande wählen konnten. Sie blieben freiwillig beſtändig im Waſſer; die Männchen ſeßten aber erſt am 9. Juli ihre Samenpakete ab, die in der darauf folgenden Nacht von den Weibchen aufgenommen wurden. Das Ablegen der Eier erfolgte am 10. und 11. Fuli. An leßtgenanntem Tage {hon verließen alle Tiere das Waſſer. Der Vorgang erinnert im übrigen ganz an die gleichen Erſcheinungen beim Axolotl. Die Fortpflanzungsgeſchichte gerade dieſer Amblyſtomen nimmt aber deshalb unſere beſondere Beachtung in Anſpruch, weil ſie, ohne gewaltſames Eingreifen in ihre Entwickelung, unzweifelhaft für ihre ganze Lebenszeit im Waſſer verblieben wären und ſih au<h darin vermehrt haben würden. Weiter berihtet dieſe Forſcherin, daß ſie vier Axolotl, bei denen ſich die Lunge ſo weit ausgebildet hatte, daß ſie zum Leben auf dem Lande befähigt waren, dur<h künſtlihe Mittel 3 Fahre und 2 Monate lang auf einer Zwiſchenſtufe zurückgehalten habe. Nah Ablauf dieſer Friſt wurden zwei durch geeignete Mittel wieder zu vollſtändigen Axolotlen zurü>gebildet, einer aber zur Amblyſtoma-Form erzogen; der vierte ſtarb während der Umwandlung. Die Neigung zur freiwilligen Annahme der Molchform bei in Gefangenſchaft gehaltenen Axolotl-Larven iſt überhaupt bei verſchiedenen Einzeltieren ungleich ſtark ausgeprägt. Fräulein von Chauvin verſuchte 24 Axolotl im Alter von 6!/2—7!/2 Monaten eine möglichſt naturgemäße Verwandlung dur<hmachen zu laſſen; bei keinem einzigen gelang es ſofort: die gewünſchte Umwandlung geſchah erſt in 48—277 Tagen. Dhné äußeren Zwang würde keins dieſer Tiere ſih in den Molch verwandelt haben. Sie erkannte, daß niht die Größe der Kiemenbüſchel, ſondern die erſte Häutung als Wendepunkt für die Umwandlung zu betrachten ſei, und war im ſtande, die Tiere beliebig von der niederen in die höhere Entwi>elungsſtufe und umgekehrt zu verwandeln. Leßteres iſt entſprehend ſ{<hwieriger. Weitere Verſuche bezwe>ten, die Verwandlung willkürlih zu unterbrehen und auf Jahre zu hemmen, um dann bei denſelben Tieren das Anpaſſungsvermögen no<hmals zu erproben. Bei fünf Arxolotl-Larven wurde die Ausbildung der Larve fo weit gefördert, daß die Tiere vollſtändig auf dem Lande leben konnten, und nun der Verſuch gemacht, die der Lungenatmung naturgemäß folgenden weiteren Veränderungen zu unterdrücken. Abwechſelnd wurden die Larven bei Tage auf dem Lande, bei Nacht im Waſſer belaſſen. Die Entwickelung ſchritt nicht weſentlih vor, und na<h 3/6 Fahren wurde der Verſuch beendigt, indem zwei Stücke zum Amblyſtoma, zwei zu Axolotl-Larven zurücgebildet werden ſollten. Das leßtere gelang im Laufe von 4 Monaten, das erſtere dagegen nur in einem Falle, aber vollſtändig, in 7/2 Monaten. Die Hemmung der Verwandlung bewirkte in beiden Fällen auch eine Hemmung in der Ausbildung der Geſhhlechtsteile. Fn erſter Linie iſt es die Wärme, dann der Aufenthalt in Luft oder Waſſer, die den Hauptantrieb zu den beſprohenen Veränderungen geben, endli< ſind es langſam, aber beſtändig fortwirkende äußere Einflüſſe. Am leichteſten gelingen Umänderungen, wenn wir im Tiere bis dahin verborgen gebliebene Entwi>elungstriebe zu we>en verſtehen, viel ſchwieriger iſt es, Stillſtände oder phyſiologiſche Rückſchritte hervorzurufen, am ſchwierigſten, gegen infolge von Vererbung eingewurzelte Naturanlagen anzukämpfen.
Beobachtungen an Axolotlen, namentlih an Amblystoma mayortium und tigrinum, die N. W. Shufeldt im Nordweſten von Neumexiko im Freien anſtellte, beſtätigten dieſe Fähigkeit der vor- und rücſ<hreitenden Verwandlung. Beim Auftro>nen der Sümpfe verwandelten ſi die Larven äußerſt raſch in die Landform. Reichlihes Futter und allmählich erhöhte Wärme beſhleunigten, eine größere Waſſertiefe verzögerte auch hier die Umwandlung.
Nachdem ſo in unwiderleglicher Weiſe nachgewieſen worden war, daß der Arolotl nur die Larve eines Molches iſt, hat man ihm auch ſeine Stellung im Syſteme endgültig