Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 3
798 Dritte Drdnung: Blindwühlen; einzige Familie: Blindwühlen.
Vorſtehende, von Wagler, dem Begründer der Ordnung, aufgeſtellten Merkmale haben fo ziemli<h no< heute Geltung.
Eingehende Mitteilungen über Gehirn und Nervenſyſtem dieſer Tiere verdanken wir J. Waldſchmidt. Die Halbkugeln ſind maſſiger entwielt als bei allen unſeren einheimiſchen Lurchen, ähneln übrigens mehr der Froſhlur<h- als der Shwanzlur<form. Zwiſchenhirn und Mittelhirn ſind niht voneinander unterſchieden; das Kleinhirn fehlt als ſelbſtändiger Abſchnitt ganz. Sehnerv und Hörnerv ſind verkümmert.
Neuere Forſhungen haben die Kenntnis dieſer Tiere erhebli vervollſtändigt. Die Anzahl der Wirbel kann bis zu 250 anſteigen. Die Leber iſt in viele Lappen zerſpalten ; an jeder Seite liegen beim Männchen mehrere Hoden, und es beſißt ein unpaariges Begattungswertzeug, das hervorgeſtülpt werden kann.
Über die Entwielungsgeſchichte der Blindwühlen war bis vor kurzem noch ſehr wenig befannt. Joh. Müller verdanken wir die Mitteilung, daß die Ceylaniſhe Blindwühle (Tehthyophis glutinosus) auf jeder Seite des Halſes mit einem Kiemenloche verſehen ſei, das zu den inneren Kiemen führe. Nach P. Gervais und beſonders nah den mehr ausführlihen Nachweiſen von W. Peters kommt aber bei Typhlonectes compressicauda, einer Blindwühle aus dem nördlichen Südamerika keine Spur von ſeitlichen Kiemenöffnungen vor, wie ſie Müller bei der Blindwühle von Ceylon gefunden hat. Vielmehr iſt der Kiemenapparat der Larve dieſes Tieres ſehr eigentümlih. Anſtatt Sthleifen zu bilden, die ſi bis in die Kiemenblättchen der äußeren Büſchel hineinziehen, wie bei anderen I verzweigen ſi<h die Blut- und Schlagadern auf der Oberfläche einer blattförmigen Kiemenhaut und vermitteln ſo die Atmung. Dieſe blattförmigen äußeren Kiemen erinnern ſehr an die glo>enförmigen Atemwerkzeuge, die Weinland (vgl. S. 722) beim Keimlinge des Taſchenfroſches angetroffen und beſchrieben hat. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Entwi>kelung der verſchiedenen Blindwühlen, ebenſo wie die der Froſ{hlurche, in mannigfa<ſter Weiſe voneinander abweicht. So hat z. B. K. Möbius zahlreiche Stüde des Hypogeophis rostratus von ſehr verſchiedener Größe von den Seychellen mitgebracht, die weder Kiemenlöcher, noh einen Floſſenſaum am Schwanze, noh auch die bei den Trägern blattförmige Kiemen vorkommenden Na>ennarben zeigten. A. Duméril hat dagegen wieder bei einem jungen Stücke von Uraeotyphlus oxyurus aus Malabar an jeder Seite des Halſes ein Kiemenloh gefunden, das zwar etwas höher lag als bei der Ceylaniſchen Blindwühle, aber doh den Beweis lieferte, daß bei dieſer Gattung ih keine äußeren blattförmigen Kiemen ausbilden.
Zur Laichzeit gehen die Blindwühlen ins Waſſer und legen hier oder in deſſen unmittelbarer Nähe ihre Fungen oder Eier ab, die bei einzelnen Arten regelre<ht bebrütet, wenigſtens vom Weibchen behütet werden. Die Verwandlung der Jungen geſchieht großenteils {hon im Eie; nach einem kurzen Aufenthalte im Waſſer nehmen die Larven die Tracht der alten Tiere an und gehen dann in die Erde.
Über Dermophis thomensis, eine Blindwühle Weſtafrikas berihtet N. Greeff, daß ſie auf den Fnſeln St. Thomé und Rolas in Höhen von 400—500 m am häufigſten ſei, aber au<h no< in 900 m Höhe gefunden werde. Sie nährt ſi< da von Kerfen, Kerbtierlarven, Tauſendfüßern und Regenwürmern, frißt aber auh Schlangen der Gattung Blödauge (Typhlops). Nach der Anſicht der Einwohner iſt dieſes Tier giftig, und nah R. Wiedersheims Unterſuchungen könnte man die Fühlerdrüſe im Verdachte haben, ein Giftwerkzeug zu ſein. Die Einſtülpung, in die der Fühler der Blindwühle zurü>kgezogen werden kann, iſt, nah Greeff, mit der nämlichen Haut überzogen, welche die Fühlergrube auh nah außen begrenzt und umkleidet. Aus dieſer Grube ragt nun der Fühler gewiſſermaßen als Ausſtülpung wieder nah außen hervor, nur mit ſeiner Spiße freiliegend. Jm Grunde