Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 4, str. 393

Renken. Blaufelchen. 399

Reichtums, beſonders in den großen Seen feſtgeſtellt hat. Seit mehr als einem Jahrzehnt hat ſi denn auch die Fiſchereikommiſſion der Vereinigten Staaten bemüht, dur< künſtliche Fiſhzucht der bedrohlihen Abnahme der Renken entgegenzuwirken.

Der Ertrag der Renkenfiſcherei Sibiriens iſ troß des dort überaus geringen Preiſes der Fiſche ſehr bedeutend und dürfte mit einer Million Rubel kaum zu hoch beziffert ſein, würde aber vorausſihtlih um das Doppelte oder Dreifache ſteigen, wenn man die köſtlichen Fiſche in ſolcher Weiſe einzuſalzen, zu räuchern oder einzumachen verſtände, daß ſie ſich den Weltmarkt erobern könnten. Vielleicht iſt die Zeit niht mehr fern, die uns ſibiriſche Renken in genießbarem Zuſtande liefert und damit auh unſeren europäiſchen Arten, zu deren Beſprehung i< nunmehr übergehen will, zu no< höherer Wertſchäßung verhilft, als ſie ſolche verdientermaßen bereits genießen.

Der BVlaufelchen, au< Bläuling, Seelen, Gangfiſh, Stüben, Halbfel<, Hägling, Kreuzele, Riedling, Sterzling, Rheinauge und Nheinanken genannt (Coregonus wartmanni, palea und reisingeri, Salmo wartmanni und renke; Abbildung S. 354), iſt geſtre>ter gebaut als alle übrigen deutſchen Renken, der Kopf verhältni8mäßig klein und niedrig, die dünne Shnauze an der Spigze ſenkrecht abgeſtußt, der Mund klein, bis auf die mit feinen Hechelzähnen beſeßte Zunge zahnlos, die Rückenfloſſe höher als lang, das Kleid aus großen, zarten, leiht abfallenden Shuppen zuſammengeſeßl. Oberkopf und Rütten zeigen auf hellblauem Grunde \filbernen Glanz, die Seiten des Kopfes und des Bauches nur den letzteren; die Seitenlinien ſind ſ{<wärzlih punktiert, die Floſſen gelblihweiß, breit ſhwarz geſäumt. Jn der Rütenfloſſe finden ih 4 und 10—11, in der Bruſtfloſſe 1 und 14—15, in der Bauchfloſſe 2 und 10—11, in der Afterfloſſe 4 und 11—12, in der Shwanzfloſſe 19 Strahlen. An Länge erreicht der Blaufelchen bis 60 cm, dur<ſ<nittliG nur 30—50 cm, an Gewicht 2—3 kg. Zu bemerken iſt, daß die Geſtalt ebenſo verſchiedentlih abändert wie die Färbung.

Der Vlaufelchen bewohnt die meiſten größeren ſhweizeriſhen, bayriſchen und öſterreichiſhen, auf der Nordſeite der Alpen und Voralpen gelegenen Seen, fehlt aber in einigen, wie z. B. im Königs- und Schlierſee; es kommen jedoh auch in den \{hwediſhen und britiſchen Seen Renken vor, von denen es noch fraglich iſt, ob ſie mit dem Blaufelhen als gleichartig angeſehen werden müſſen , oder ob ſie ſih artlih unterſcheiden.

Für gewöhnlich halten ſi< die Blaufelchen, wie die meiſten ihrer Verwandten überhaupt, in den tiefſten Gründen der Seen auf, niht ſelten in Tiefen von 200 m unter der Oberfläche, ausnahmsweiſe nur in Waſſerſchichten zwiſchen 40 und 100 m Tiefe. Bei Gewittern und warmem Regen ſollen ſie ſih bis auf 20 m und no< weniger der Oberfläche nähern, bei Eintritt kühlerer Witterung ſofort wieder in die Tiefe verſenken. Jn die Flüſſe treten ſie niemals ein, wandern alſo auh niht von einem See zum anderen. Die Nahrung beſteht hauptſählih aus ſehr kleinen Waſſertieren, die in der Tiefe der Vinnenſeen leben, und teilweiſe erſt dur Unterſuchung des Mageninhaltes der Vläulinge den Forſchern bekannt geworden ſind. Außerdem freſſen unſere Fiſche von dem auf dem Grunde der Seen befindlihen Schleime, der aus den niederſten Gebilden der Pflanzenund Tierwelt in deren erſten Entwickelungszuſtänden gebildet wird. Zu ihrer Beute zählen auh kleine Krebſe, Waſſerſhne>ken, Würmer und Kerbtierlarven.

___ Während der Laichzeit gebaren ſi die Blaufelhen ganz in ähnlicher Weiſe wie die Heringe. Der Fortpflanzungstrieb beſchäftigt ſie derartig, daß ſie ihre bisher gewohnte Lebensweiſe völlig umändern. Wie andere Lachſe freſſen ſie, laut von Siebold, vor und während der Laichzeit wochenlang niht das Geringſte. Jhre Eingeweide ſ{hrumpfen

demzufolge außerordentli< zuſammen und ſehen, weil ſi Umfang und Verhältnis der Brehm, Tierleben. 3. Auflage. VIL 23