Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5
6 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit.
hat nur 50, die Stubenfliege 4000, eine Waſſerjungfer 12,000, Zahlen, welche die außerordentliche Verſchiedenheit in dieſer Hinſicht zur Genüge zeigen. Durch dieſe Facetten bekommt die Augenoberfläche ein neßartiges Ausſehen, weshalb man auch von Neßaugen ſpricht. Da nun aber, wie geſagt, jede Facette mit den unter ihr gelegenen Seheinrihtungen ein Einzelauge vorſtellt, ſo iſt auch die Bezeichnung „zuſammengeſeßte Augen“ gerechtfertigt. Was den Bau eines ſolchen Einzelauges betrifft, der uns beſonders dur die ſchönen Unterſuchungen Grenachers erſchloſſen iſt, ſo ſei hier nux in Kürze Folgendes bemerkt. Ein jedes hat die Geſtalt einer Pyramide mit der Facette als Grundfläche. Unter dieſer Hornhaut liegt der „Kriſtallkege!“, in ſeiner Leiſtung unſerem Glaskörper zu vergleichen, und am weiteſten nah innen, in Verbindung mit den Faſern des vom Gehirne ausgehenden Sehnervs, finden wix die als „NRetinulä“ bezeichneten Teile der Nebhaut, in welchen ſtäbchenförmige Gebilde (Rhabdome) die Lichtwahrnehmung vermitteln. Fede Pyramide iſt von einer Schicht dunkeln Farbſtoffes umhüllt, welcher ſo angeordnet iſt, daß nur die in der Längsachſe der erſteren einfallenden Lichtſtrahlen Zur Wahrnehmung kommen. Durch dieſe Einrichtung ſieht ein Jnſekt tros der zahlreichen Einzelaugen im Neßauge doch nur ein und zwar verkleinertes, aufrehtes Bild eines Gegenſtandes, indem ſi<h auf der Nezhaut die einzelnen Punkte eines ſolchen in ähnlicher Weiſe wie die Steinchen im Moſaikpflaſter aneinander reihen.
Die Negaugen treten ſtets nur in der Zweizahl auf, ſind in der Größe ſehr verſchieden, {o daß ſie bald einen größeren bald einen geringeren Teil der Kopfoberfläche einnehmen und ſ{<wanken ebenſo in der Form, indem ſie rund, länglih, nierenſörmig, unvollſtändig und ſogar vollkommen zweigeteilt erſcheinen können; auf der Grenze der einzelnen Facetten tragen ſie häufig Chitinhaare. Dieſe zuſammengeſeßten Augen ſind bezeihnend für die meiſten ausgebildeten Jnſekten, doh fehlen auch hier häufig die den Larven zukommenden einfachen oder Punktaugen (ocelli, stemmata) niht und ſtehen dann meiſt zu dreien in einem flahen Bogen oder zu einem Dreie>e vereinigt, au< nur zu zweien, am ſeltenſten vereinzelt zwiſchen den Scheitelrändern der Neßaugen. Jn ihrer äußeren Erſcheinung laſſen ſie ſih am beſten, wenn auch etwas grobſinnlihh, mit einer zarten Perle vergleichen, welche der Goldarbeiter halbiert und gefaßt hat; im inneren Baue wiederholt ſih ungefähr dasſelbe, was von dem einzelnen Kegel des zuſammengeſeßten Auges gilt. Wenige Fnſekten im vollkommenen Zuſtande haben nux einfache Augen, wenige ſind gänzlich blind. Leßteres gilt beiſpiel8weiſe von einigen Käfern, welche tief im Jnneren von Höhlen oder zeitlebens von Steinblö>en bede>t ihr kümmerliches Daſein friſten.
Die Fühler, Fühlhörner (antennae), bilden das oberſte Paar der gegliederten Anhänge, indem ſie an den Seiten oder vorn am Kopfe, weiter oben oder unten, häufig in dem Ausſchnitte der nierenförmigen Augen eingelentt ſind. Sie beſtehen aus einer geringeren oder größeren Anzahl von Gliedern und liefern den erſten Beweis für den unendlichen Reichtum an Formen, den wix in jeder Beziehung bei den Kerfen anzuſtaunen no Gelegenheit finden werden. Ohne auf die Mannigfaltigkeit näher einzugehen, ſei nur bemerkt, daß das Grundglied ſih dur< beſondere Die oder Länge vor den anderen auszeichnet und als Schaft den anderen, die Geißel bildenden entgegengeſtellt wird. Die Geißelglieder ſind entweder gleichartig in ihrer Bildung, oder die leßteren von ihnen weichen inſofern ab, als ſie einen Kamm, einen Fächer, einen Knopf von dichter oder loſer Zujammenſeßung, eine Keule oder anderes darſtellen. Bei den geraden Fühlern reihen ſich ſämtliche Glieder in derſelben Nichtung aneinander, bei den gefknieten, gebrochenen dagegen die Geißelglieder unter einem Winkel an den meiſt verlängerten Schaft, und dieſer Fall gab wegen der Ähnlichkeit mit einer Peitſche urſprüngli die Veranlaſſung für die beſonderen, eben angeführten Benennungen. Während bei manchen Fnſekten die Fühler