Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5
18 Ein Bli> auf das Leben der Geſamtheit.
eine, die rehte das andere Geſhle<ht in einem Leibe vereinigt, oder wo in beliebiger anderer Weiſe eine Vermiſchung geſhle<tliher Kennzeichen ſtatt hat. Wenn es in manchen Fällen für ein ungeübtes Auge mit Schwierigkeiten verbunden iſ, äußerlich beide Geſchlechter einer und derſelben Art wegen ihrer beinahe vollkommenen Übereinſtimmung zu unterſcheiden, ſo fehlt es anderſeits auh niht an ſolchen, wo beide ſo auffallend voneinander abweichen, daß es keinem Forſcher zur Laſt gelegt werden darf, wenn er das Weibchen unter dieſem, das Männchen unter jenem Namen beſchrieben und in die Wiſſenſchaft eingeführt hat. So trägt z. B. in verſchiedenen Ordnungen das zuleßt genannte Geſchleht Flügel, das andere niht, der Körper des einen iſt weſentlih anders geformt oder gefärbt als der des anderen. Die Mannigfaltigkeit geht no< weiter. Bei den großen Fadenſ<hwimmkäfern (Dyticus) kommen Weibchen zweierlei Bildung vor, ſolche mit glatten, den männlichen gleihen FlügeldeŒen und zahlreicher ſolche, deren Flügelde>en bis über die Hälfte längsfurcig ſind. Der große amerikaniſche Tagfalter Papilio Memnon findet ſih glei<falls im weiblichen Geſhlechte in zwei weſentlih verſchiedenen Formen, welche an derſelben Örtlichkeit fliegen und ohne Übergänge ſind; die einen Weibchen weichen von den Männchen durch Farbe und Zeichnung ab, die anderen durc einen lang ſpatelförmigen Schwanz an jedem Hinterflügel. Ein anderer in Nordamerika gemeiner Shwalbenſ{<hwanz, Papilio Turnus, hat gelbe Grundfarbe in beiden Geſchlechtern in den Staaten New York und New England, dagegen iſt das Weibchen im Süden von Zllinois ſ{<warz gefärbt. Man hat dieſes Auftreten einer Art in Doppelform als Dimorphismus bezeihnet und ſogar Trimorphismus bei dem Weibchen einer dritten Falterart (Papilio Ormenus) beobachtet. Ähnlichen Verhältniſſen begegnen wix bei den in Staaten lebenden Jnſekten, wo die Weibchen mindeſtens in zwei Formen auftreten, deren eine dur<h Verkümmerung der Geſchlechtsteile und andere dadurch bedingte Merkmale vor den regelrehten Müttern getennzeihnet iſt.
Die Fortpflanzung8organe, von denen wir reden wollten, nehmen zumeiſt die hinterſten Ninge des Hinterleibes ein und beſtehen bei dem Männchen aus einem Drüſenpaare zur Entwicelung der Samenkörperchen, alſo aus den Hoden, deren Ausführungskanäle, „Samenleiter“ genannt, und einem unpaaren Endſtücke, welches ſich in das vorſtülpbare Begattungsorgan, die Rute (penis), fortſeßt. Die weiblihen Teile werden von zwei vorherrſchend traubenförmigen Eierſtö>ken, deren Ausführungsgängen, „Eileiter“, und einen ſie vereinenden als Scheide bezeihneten Kanal zuſammengeſeßt, wel<h leßteren eine Begattungstaſche zur Aufnahme des männlichen Gliedes bei der Begattung, eine Samentaſche, zur Aufnahme und Aufbewahrung des Samens ſowie Kittdrüſen anhängen können. Erſt bei dem Vorbeigleiten an der Samentaſche werden die Eier befruchtet, ein Vorgang, welcher in der Regel zur Entwickelung eines neuen Leben8weſens notwendig iſt.
Es kommen jedo< Ausnahmen vor, wo unbefruchtete Eier ebenſo entwi>elungsfähig ſind, und in dem einen Falle nux Weibchen, im anderen Falle nur Männchen, im dritten Falle beide Geſchlechter liefern. Regelmäßig iſt dies der Fall bei Psyche und Solenobia unter den Schmetterlingen, bei Blatt- und Schildläuſen, bei Bienen, Weſpen, Gallweſpen und BVlattweſpen, von denen man teilweiſe bisher überhaupt keine Männchen kennen gelernt hat. Von Siebold hat dieſe Fähigkeit gewiſſer Jnſektenweibhen, ſi<h ohne Befruhtung fortzupflanzen, unter dem Namen der E (Jungfernzeugung) in die Wiſſenſchaft eingeführt und damit eine neue Lehre begründet, welche frühere als unumſtößlih angeſehene Anſichten über den Haufen geworfen hat. Außer den angeführten Fällen, in welchen die Parthenogeneſis die Regel bildet, iſt dieſelbe ausnahmsweiſe vorgekommen bei einer Reihe von Schmetterlingsweibchen, wie bei dem Pappelſhwärmer