Brehms Tierleben eallgemeine Kunde des Tierreichs : mit 1800 Abbildungen im Text, 9 Karten und 180 Tafein in Farbendruck und Holzschnitt 5, str. 752
672 Drdnung: Zweipaarſüßer; erſte u, zweite Familie: Vielfüßer und Nandaſſeln.
Beſchaffenheit wie die übrigen, welche in doppelter Zahl den folgenden Leibesringen entſpringen. Die Luftlöcher liegen verborgen in der Nähe der Fußwurzeln und entſenden die Röhren büſchel- oder paarweiſe zu den inneren Organen. Die Öffnungen auf den Seiten des Nü>ens aller oder einzelner Ringe, welche Treviranus für die Luftlöcher angeſprochen hat, ſondern zur Verteidigung einen äßenden Saft aus, wenn die Tiere angegriſſen werden. Eigentümlich geſtalten ſih hier die Verhältniſſe der Fortpflanzungswerkzeuge. Bei beiden Geſchlechtern liegen ſie unter dem Darm und münden zwiſchen dem zweiten und dritten Beinpaare, bei den Weibchen in zwei ſa>förmigen Scheiden und bei den Männchen nur in der Familie der Juliden in zwei Ruten. Hier ſowohl wie bei den anderen Familien, o dieſe fehlen, dienen ſie niht zur Paarung, ſondern hierzu ſind ein Paar Kopulationsfüße vorhanden, welche bei den Polydesmiden und Juliden am ſiebenten, bei den Glomeriden am vorlezten Körperringe ſißen. Dieſelben ſind ſelbſt bei ein und derſelben Gattung ſehr verſchieden geſtaltet. Vor der Kopulation müſſen ſie alfo erſt Samen aufnehmen.
Die Paarung erfolgt im Frühjahr und auch im Herbſt na<h den Beobachtungen von O. vom Rath, und es vergehen nah derſelben bis 30 Tage, ehe das Weibchen ſeine Eier ablegt, wozu die der Juliden und Polydesmiden von Erde ein Neſtchen anfertigen, welches \<ließlih mit Erde bede>t iſ und in glo>enförmiger Geſtalt mit kleiner oberer Öffnung das bis über 100 Stü haltende Eierhäufhen umſchließt. Die ausgeſ<hlüpften Fungen ſind den erwachſenen Tieren noh niht ähnlih, alſo von Larvenform, und nehmen erſt nach wiederholten Häutungen ihre volle Geſtalt an.
Die Zweipaaxrfüßer breiten ſih über alle Erdteile aus, erreichen aber in Europa und den gemäßigten Erdſtrichen überhaupt nur unbedeutende Größe, während heiße Länder bei: nahe fußlange und fingerdi>e Arten aufzuweiſen haben, welche gewiſſe Schlangen an Größe entſchieden übertreffen. Ohne Tierleichen zu verſhmähen, begnügen ſie ſih vorzugsweiſe mit Pflanzenkoſt; ſie halten ſi<h an dunkeln Verſte>en auf, wenn au< niht mit ſolcher Entſchiedenheit wie die Einpaarfüßer.
Die Vielfüßer (TJulidae) bilden die artenreichſte Familie, deren Mitglieder \ſi<h durch einen drehrunden Körper auszeihnen, den 30—70 und mehr Ringe zuſammenſeßen, dur verhältni8mäßig kurze, dünne Beine und Fühler, deren zweites Glied das längſte iſt. Die aus dem Ei geſchlüpften jungen Tiere ſind madenartige, unbewegliche, in eine Haut eingeſchloſſene Weſen, welche erſt nah Abſtreifung dieſer Haut Gliederung und vorn drei gegliederte Beinpaare zeigen. Nach der nächſten Häutung beſißen ſie deren 7 und 13 Körperringe, und ſo wachſen beide immer mehr an der Zahl, bei den verſchiedenen Arten in verſchiedenen Verhältniſſen.
Die gemeinſten heimiſchen Arten der Gattung Julus ſind von den verſchiedenen Schrift: ſtellern mehrfa<h verkannt und daher in der Namengebung verwechſelt worden, bis Dr. Latzel in ſeinem verdienſtvollen Werke: „Die Myriopoden der Öſterreichiſch- Ungariſchen Monarchie“, 2 Teile, Wien 1880 und 1884, Aufklärung herbeiführte.
Die Sandaſſel (Julus 8abulosus L, Abbild. S. 673) führt noh zahlreiche andere Namen, weil ſie vielfah abändert, und iſt über ganz Europa verbreitet. Sie glänzt ſehr ſtark, iſt dunkelbraun bis ſhwarz gefärbt, nah den Beinen zu meiſt heller und mit zwei gelben Längsſtreifen am ganzen Rücken gezeichnet. Auf dem Scheitel fehlen Grübchen, und die lezte Rüenſchuppe läuft in ein ſhräg nach oben gebogenes Spißchen aus. Das Männchen mißt 20—40, das Weibchen 30—46 mm. Wenn ih Ende Frühjahrs unter Steinen auf einem kahlen, dürren Berge nah Raupen ſuchte, fand ih die Leichen dieſer Tiere häufig