Charakterologie

Kritit 247

b) Das Derhältnis von Bindung und Steiheit in der Individualpjychologie und in der Piydhoanalyje.

Ein Punkt, mit dem die Individualpjychologie bis heute nicht fertig geworden ilt, it die Rolle der Dererbung. Einerjeits jtrebt die Therapie dahin, fie jo weit wie möglid) aufzuheben. Das Jdeal des gejunden Charafters wäre demnadh die von allen Leitlinien freie Seele. (Und was durch die erbliche Bejtimmung mitgegeben wird, jind natürlid) Leitlinien.) Andererjeits entjtebt die Stage, woher nun die gejunde Seele überhaupt ihre individuelle Geftalt befommt, da ja die Dererbung ignoriert wird und alle jonjtige Bildung von Leitlinien von der Indiviöualpjychologie als Einihränktung der wirklich freien Entwidlung, mithin negativ angejehen wird. Es bleibt aljo das gejamte Problem des Derhältnijjes von Steiheit und Bindung in der Individualpjychologie ungelöft.

Es ergibt jich bei diefer Lage (ohne Leitlinien feine individuelle Geitalt, mit ihnen Unfteibeit) offenbar die Notwendigkeit, zwildhen „guten“ und „Ihlechten” Zeitlinien zu jheiden. Und wie fönnte man dieje Scheidung vornehmen?

Es jheint zunädjit, als ob die unbewußten Leitlinien jhädlid) jeien. Daß dies jehr fraglich il, zeigt ein Dergleicy mit der Pjychoanalyje und dem bei ihr vorliegenden Derhältnis von Steiheit und Bindung. Steud nämlic) erflärt aus den unbewußten Bindungen an den Dater, an die Gejchwilter und die Mutter gerade das Pofitivjte, nämlicd) den Auftrieb der ganzen Derjönlichfeit, und findet dafür recht gute Beweije. Der in das Innere des Menfchen hineinprojizierte Dater ijt für ihn das wejentlihe Agens, das uns über uns jelbjt hinaustreibt. Diefes in uns wirfende Bild des Daters wird zum „Über-Idh”, das als Spannung zum Id die Höherjteigerung bewirkt. In diefer Spannung jchraubt fi der Menjch zu immer höheren Seiltungen hinauf. Der jtändige Drang nady Erhöhung der Leijtung entipringt nach Steud gerade der „Leitidee”, ji dem Dater (bzw. jeiner verwandelten Sorm, dem Über-Ich in uns jelbit) anzunähern.

Natürlich ijt das Theorie. Aber wir befinden uns hier überhaupt im Theoretiichen, und jicherlich hat diefe pofjitive Auslegung der Zeitideen viel für jih. Es entjpriht durchaus der empirischen Beobadhtung, dap die eriten Bahnungen ausjchlaggebend jind für die jpäteren Lebensformen. Und fie jind nun einmal notwendig Bindungen an jolde Tonfreten Ziele, die zwar umgewandelt werden, aber tief innen im Un bewußten noch deutlich ihren Bezug zu den urjprünglihen „Leitlinien“ zeigen.