Das Nordlicht. Bd. 1-2

Noch schläft die Genossin. Verwunderte Späher

Am Strande der Weltsee erkennen ihn, rufen:

»Das Hauptjahr wird wir!« Von gestirnten Stufen Entsausen die drei. Blasse Unterweltsweiber Erklimmen das Ufer, durchhuschen die Wogen,

Und tummelnde Meerwichte haschen sich Leiber: Ermenscht überwölbt hold das Meer hoch ein Bogen. Der Widder schwimmt flügelnd. Da rufen am Strande Die Späher: »Jetzt herrsche der Jüngling'« Nun stürzt Dem Reiter die Braut in die jauchzenden Wellen.

Sie kräuseln sich steiler! Zum wartenden Lande,

Das voll von Geruch für den Widder ist, kürzt

Der Stürmer den Seeritt. Erschimmernde Stellen Erblickt schon das witternde Tier. Über Steine Entklimmt es — verschwindet. In silberndem Scheine Bleibt Orpheus vereinsamt. Er seufzt, und er sehnt Die schaumhaften Weiber herbei, doch die sind

Den Ammen entilohn, zu Müttern gekommen.

Da schwankt noch der Sänger, er ahnt wohl, dort lehnt Sein Leib leicht an Pfosten: er tastet wie blind, Wohin er sich stützt. Was er faßt, bleibt verschwommen, Doch weiß er nun tief, daß, in holdem Gedulden Behutsam ein Halt, sanft als Hilfe, ergraut.

Jetzt klagt eine Stimme. Sie kommt wie aus Mulden Gefelsten Geklüftes. Sein Seherherz schaut

Die Wand alter Trennung. Dort singt seine Braut. Wie Sterne so ferne: »Sei treu, ohne Trauer!

Uns werde Geduld eine himmlische Huld!«

Und Orpheus stimmt ein: »O herrliche Dauer,

Die tief uns geteilt, hier heilt lange Schuld

Sich holender Seelen: wie nah du mir bist,

Ach, einzig Verlorne!« Nun singt nur die Braut:

»Die Meere sind Tränen vor unserer Frist,

Die nimmer verläuft, hart aus Leiden gebaut!« »Erjammerte Wand!« fährt der Sänger nun fort,

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