Die Klassengegensätze von 1789 : zum hundertjährigen Gedenktag der grossen Revolution

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Rücktritt Oeſterreihs von demſelben allein führte, und ſein Heer frei zu machen, um es gegen Polen zu verwenden, das gewagt, ſih auf eigene Beine zu ſtellen. Preußen wußte, daß eine Entſcheidung in Polen bevorſtehe; es hatte ſeine Abſichten auf Gebietserweiterung daſelbſt niht aufgegeben und hoffte jet im Bunde mit Rußland gegen die Polen zu erreichen, was es eben im Bunde mit den Polen gegen Rußland verſucht. Oeſterreich war Beiden bei dieſer Gelegenheit ein unbequemer Nachbar, Beide ſuchten daher Leopold in einen Kampf mit Frankreich zu verwi>eln, um in Polen freie Hand zu bekommen. Dieſer aber roh den Braten und weigerte ih, vorzugehen, ehe die polniſche Frage entſchieden ſei.

Williger als Leopold zeigte ſih der Kaiſer Franz I1., der ihm am 1. März 1792 folgte, ein junger, unbedeutender Menſch, deſſen Regierung dur ihre lächerlichen Forderungen einer Wiederherſtellung des alten Zuſtandes und ihre barſchen Drohungen die Kriegserkflärung Frankreichs provozirte (20. April 1792). Nun mußte gekämpft werden, ehe die polniſche Beute vertheilt war. Auch Preußen konnte ſi< dem Kampf, der dem Deutſchen Reiche und dem Verbündeten von Pillniz galt, niht gut entziehen. Aber man ging nicht entſchieden vor; man unterſchäßte den Feind, meinte, auf die Berichte der Emigranten und Polizeiſpione geſtüßt, ganz Frankreich ſei königstreu und erwarte nichts ſehnlicher, als vom „Joche“ einer terroriſtiſhen Minderheit erlöſt zu werden, eine Anſicht, deren völlige Grundloſigkeit die preußiſche Armee bald bitter empfinden ſollte, die aber in den Köpfen und Werken „geſinnungstüchtiger“ Hiſtoriker heute no< fortſpukt; man rehnete auh auf die geheime Mitwirkung Ludwig XVL,, der die kriegeriſchen Operationen auf franzöſiſcher Seite lähmen werde, eine Re<hnung, dur die der Sturm des Volks auf die Tuilerien vom 10. Auguſt einen Strich machte; einer der wichtigſten Gründe aber, warum

die Rüſtungen Oeſterreichs und Preußens langſam vorwärts ſchritten

und unzureichend waren, beſtand darin, daß die „Verbündeten“ ſi< über die polniſche Theilung immer no nicht einigen konnten, indeß bereits die Truppen der ruſſiſchen Katharina in Polen einmarſchirten, und Preußen, das bis zum Mai 1792 die Rolle eines Verbündeten der Polen geſpielt, die Maske abwarf und eine neue Theilung Polens „zur Wiederherſtellung der Ruhe und Ordnung“ in Ausſicht ſtellte. Während die ruſſiſchen Truppen die von ihrem Verbündeten im Stich gelaſſenen Polen nieder-

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