Die Physiognomie des Menschen

Fig.2s Menschen, die aufrecht mit erhobenem Hals gehen und heftig die Schultern werfen:

Der Text des Aristoteles ist hier unklar und sehr verschieden ausgelegt worden. Wir halten uns an den deutlicheren Text des Adamantius, wo wir finden: Wer aufrecht und mit erhobenem Hals einhergehend heftig die Schultern wirft, ist selbstgefällig und ungerecht. So laufen die ruhmsüctigen und ehrgeizigen Pferde, von denen Alianus schreibt: Vor allen anderen Tieren hat das Pferd einen hochtrabenden Sinn. Kühn und übermütig springt es mit hoch erhobenem Nacken herum. Die Stute mit stolzer Mähne läßt sich nicht von einem Esel decken. Wer Maulesel züchten will, muß ihr die Mähne unordentlich abscheren, erst dann läßt sie den Esel an sich herankommen. Auch Sophokles weist darauf hin. Albertus schreibt: Wer beim Gehen die Schultern wirft, wird für stolz und überheblich gehalten. Der Kaiser Tiberius ging meistens mit steifem Hals und gerunzeltem Gesicht schweigend einher. Sprach er einmal zu seiner Umgebung, was sehr selten vorkam, so sprach er sehr langsam und bewegte dabei lässig die Finger. Augustus entschuldigte diese Zeichen seiner verhaßtmachenden Anmaßung vor Senat und Volk, indem er sagte, es sei das ein Fehler seiner Natur, nicht eine Schuld seiner Seele.

Menschen mit eingekrümmten, bei jedem Schritt sich bewegenden Schultern:

Sie sind stolz und den Löwen ähnlich, von denen Aristoteles schreibt: Ihr Gang ist langsam und erschüttert die Schultern. Sie gehen stufenförmig, d. h. der linke Fuß wird nachgezogen und niemals ‘vor den rechten gesetzt. Ihre Schritte sind langsam und weit. Adamantius schreibt: Wer beim Gehen die Schultern bewegt und den Kopf anzieht, ist großmütig und stark, denn auch der Löwe geht so. Albertus beschreibt die beste Gang-

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