Geschichte der neuesten Zeit 1789 bis 1871
376 Neueſte Geſchichte. 2. Zeitraum.
der Männer, dur< welche ſolche ausgeführt worden. Die Sini des Marſchalls Ney hat der Reſtauration niht nur keine Sicherheit ge= währt, ſondern die Zahl ihrer Gegner vermehrt. In einem von inneren Unruhen und Parteikämpfen zerriſſenen Lande gibt es in Bezug auf die in dieſelben verwi>elten Perſonen kein unfehlbares und unbedingtes Maß der Gerechtigkeit, und die Schonung des beſiegten Gegners iſt in ſolchem Falle nicht nux klüger, ſondern auch ſittlicher, als die Anwendung der für gewöhnliche Zeiten eingeführten Geſetze.
In Paris und Nord-Frankreih überhaupt war die nah Napoleon's Sturz eingetretene Reaktion rein politiſcher Natur geweſen, vom Hofe, den Kammern, den vornehmen Klaſſen ausgegangen , und dadurch in ge-= wiſſen Gränzen geblieben, Im Süden dagegen bemächtigte ſich dieſe Stimmung der Maſſen ſelbſt, und nahm 1815 eine Zeitlang im Namen des Royalismus eine dem revolutionairen Terrorismus von 1793 ähn= liche Geſtalt an. Dieſer Unterſchied in der öffentlichen Meinung ſprach ſi< ſhon in der Art aus, wie der Marſchall Brune in Avignon von Leuten aus dem niedrigſten Volke ermordet, Labedoyère dagegen in Paris von einem règelmäßig eingeſeßten Kriegsgericht verurtheilt wurde.
In einem Theil von Languedoc und Provence traten zu den politi= ſchen Leidenſchaften noh die religiöſen hinzu. Von dem Widerrufe des Edikts von Nantes und dem Kriege in den Sevennen an hatten ſi< Proteſtanten und Katholiken dort mit Mißtrauen und Abneigung be= trachtet. Schon im Anfange der Revolution war es in jenen Gegenden, als die erſte Nationalverſammlung die konfeſſionelle Gleichberehtigung ausfprac, zu blutigen Auftritten gekommen. Die Rü>kehr der Bour= bonen hatte den im Süden zahlreihen Proteſtanten Beſorgniſſe wegen der Erhaltung ihrer Rechte eingeflößt. Eine Partei am Hofe, von einer Anzahl aus der Emigration zurü>gekehrten Biſchöfen und Gewiſſens= räthen beſtehend, zu denen ſi heimliche Jeſuiten und deren Anhänger geſellten, war dafür bekannt, der von der Charte fonſtitutionnelle beſtäz tigten Religionsfreiheit im höchſten Grade entgegen zu ſein. Dieſer Kreis von geiſtlichen und weltlihen Höflingen, der, als er ſi<h erweitert und organiſirt hatte, unter dem Namen der Kongregation bekannt geworden, war damals no< wenig zahlreich, erfreute ſih aber des Schutzes ves Thronfolgers, Grafen von Artois, der, bei ſeinen religiöſen Vorurtheilen und ſeiner natürlichen Beſchränktheit, ſich ven übeln Einflüſſen ſeiner Umgebungen nicht entziehen konnte. Die ultramontane und abſolutiſtiſche Faktion in der Hauptſtadt und dem Norden, von dem Könige ſelbſt, dem Miniſterium, der Preſſe, dem liberalen Charakter der Bevölkerung in Zaum