Gesicht und Charakter : Handbuch der praktischen Charakterdeutung : mit zahlreichen Kunstdrucktafeln, Zeichnungen und Bildtabellen

lichen Kontakts, der daher in seiner mildesten Form zum Ausdruck der Suggestibilität und Beeinflußbarkeit wird, sowie der positive Kontakt zu dem der Suggestion selbst (Baby I, 2; Moser XIV, 3; Unentschlossenheit I, 3). Der Antagonismus kann sich ebenfalls auf das Nachbargelände, auf Brauen und Stirn, fortpflanzen, indem die Brauen entweder herunter- oder hinaufgezogen sind (Liszt IX, 2), auf der Stirn aber senkrechte und Querfalten zugleich erscheinen (Moser XIV, 3). Auch entsteht durch den heftigen Widerstreit der Spannungen eine Zerspaltung des Individuums, die sich nicht selten wieder in unsymmetrischen Ausdrucksformen kundgibt. Die Abwehr gelingt nur auf der einen Seite, die dann die stärker abgedeckte ist; ihre vermehrte Spannung äußert sich z. B. bei der Frau vom Piz Palü (XI, 2) im stärkeren Glanzlicht des einen Augapfels und der stärker heruntergezogenen Braue, während bei Tom (XIV, 6) nur die offene Seite quere Stirnfalten zeigt und die Stirnrunzeln zugleich schräg nach dieser herübergezogen sind.

Ganz klar ist der Ausdruck der Abwehr beim Weinen (Fig. 38; Großes Leid I, 4); das Auge ist eingekniffen, weil es im Bann des Leides steht, so sehr es sich auch wehren mag. Überhaupt ist in der Abwehrstellung der SchlieRmechanismus an seinem ursprünglichen Platz: der Organismus will sich eben vor dem schmerzhaften Reiz verschließen. Es sei zur Diskussion gestellt, ob diese Erklärung für das Augenschließen beim Weinen und Schreien, rein aus der Abgedecktheit des Abwehrausdrucks heraus, nicht stichhältiger ist als die vielfach angefochtene physiologische bei Darwin, aber auch bei Bell und Piderit, daß der Lidschluß ein Schutz gegen den vermehrten Blutdruck im Augapfel sein solle. Er ist nicht so sehr Abwehr gegen einen innerphysiologischen Reiz als gegen jenen, der das Weinen selbst herausfordert.

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