Illustrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.
Sluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/15.
des Laſtautomobile,
die Tauſende von Wagen, die endloſen Reihen rieſiger die aufgeſtapelten Waren und bis zum Giebel gefüllten Speicher — alles Dinge, die hier auf das äußerſte Minimum beſchränkt ſind. Ein paar Dutzend „Komora“ (die landesüblihen Ochſenkarren) fahren hier vorüber, die eine dur Kriegsgeſeß geregelte Abgabe der Bevölferung darſtellen, die je nah Vermögen zu dieſer Steuer herangezogen wird. Sie bringen ein paar hundert Uniformen und De>en und ſcheinen unter der Laſt der Munitionskiſten und Mehlſa>pyramiden beinahe zuſammenzubrecen. Mit der Beförderung beeilen ſie ſich dur<haus niht. Die Reiſe geht langſam, ohne Eskorte, in furzen Etappen vonſtatten. Und do< wird auch hier gekämpft, gefämpft und ſogar geſiegt. Das Oberkommando iſt im Polizeipräſidium untergebraht. Der Scußheilige des Hauptquartiers iſt der Woiwode Putnik, der als Generaliſſimus in den beiden Balkankriegen den Oberbefehl führte. Äußerlih hat ex nichts Heldenhaftes oder au< nur Feierliches. Er iſt von feinem Wuchs, hat das Geſicht von einem weißen Bärtchen umrahmt und die Müge tief herabgezogen. Er geht nur ſehr wenig an die ſriſ<he Luft, und zwar immer im Auto=mobil. Außer dieſer kurzen Erholung arbeitet er angeſtrengt den ganzen Tag, zum Schre>en ſeiner Offiziere. Nicht einmal die Mahlzeiten bedeuten eine Unterbrehung der Gedankentätigkeit. Zur beſtimmten Zeit wird auf eine Ee des Arbeitstiſhes das Eſſen aufgetragen, und zwiſchen einem Viſſen und dem nähſten werden die Karten ſtudiert, die die andere Seite des Tiſches ausfüllen. Klingelt das Telez phon, ſo tritt der Woiwode ſelbſt heran und ſteht oft über cine halbe Stunde am Apparat. Das iſt eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen man ihn ſprehen hören fann. Sonſt hüllt ex ſi< in undurHdringlihes Schweigen. Er pflegt ſehr aufmerkſam zuzuhören, wobei ſi<h die Augenbrauen, die allein in der ſie umgebenden Weiße ſ<warz
blieben, über den leuchtenden Augen zuſammenziehen, glaubt
„man aber dann, daß er das Wort nehmen werde, ſo ſenkt er plößlih die Augen und begibt ſich wieder an die Arbeit. Das iſt ſeine Art, die Unterhaltung zu beenden, und ſie bedeutet
Die Sixaße von Villers au Bois nah Souchez.
ſoviel wie: Schon gut, Sie können machen, daß Sie fortTommen. Das Kommando der drei ſerbiſ<hen Armeen liegt den Generalen Miſſitſh, Stefanowitſ<h und Sturm ob.
Alle dieſe Generale und Stabsoffiziere — etwa fünfzig an der Zahl — tragen eine große Sicherheit zur Schau, als ob nie einer von ihnen je an einem guten Ausgang zweifelte. Aber ih weiß no< ſehr wohl, daß zur Zeit des legten furhtbaren öſterreihiſh-ungariſchen Vorgehens, als das Heer König Peters ſi< völlig zurückziehen mußte Und alle Wege des nördlihen Serbien von jammernden Flüchtlingen überfüllt waren, au hier im Hauptquartier der Mut ſank. Unaufhaltſam und immer weiter rü>te das ÉE uU E SECV vor, und die Serben fonnten ſi<h niht einmal verteidigen, weil ihnen die Munition ausgegangen war. Es waren zwei Wochen ſchre>icher Verzweiflung. Bor den auf ſie einſtürmenden feindlihen Horden wandten ſih die Solz daten in höchſter Angſt mit der ſlehentlihen Bitte um Patronen und Granaten an ihre Offiziere. Sie hatten nichts mehr zum Verſchießen, rein gar nichts! Die lächer=lih feinen Mengen, die hin und wieder einer Abteilung ausgeteilt wurden, genügten no< niht einmal, um anzufangen. Und dabei ließ das Oberkommando noch ſagen: „Nur ja ſparſam umgehen! Wir haben unſere beſtimmten Abſichten.“ Die Wahrheit war, daß ſi< in den Maumitions=fammern niht mehr das geringſte vorfand. Soldaten und Offiziere heulten vor Wut auf, ſih ſo zur Ohnmachk ver=urteilt zu ſehen. Aber eines Tages kamen die Munitionen an. O freundliches Frankreich, o fürſorgliches heiliges Rußland!
Geſtern war i< mit einigen Offizieren im Kaſfee Obrenowitſ<, als plößlih ein ho<hgewadwſener, brünetter junger Mann im ſerbiſhen Nationalkoſtüm, die leuhtenden Patronentaſhen umgehängt, den Revolver im Gürtel, in den Saal trat. Er hatte ſehr lebhafte ſhwarze Augen, einen fleinen <hwarzen Shnurrbart und unter einer tiefſ<warzen dichten Haarmähne ein verſhmißtes, friſches Geſicht. Er fam mit einem beſhwingten, etwas theatraliſchen Gang zur Tür herein, grüßte ringsum, indem ex flüchtig die Müßte be-