Illustrierte Geschichte des Orientalischen Krieges von 1876-1878. : mit 318 Illustrationen, Plänen, Porträts und zwei Karten, str. 687
680
ergoß ſi< die Menge auf die Chauſſée ſelbſt, zur Linken den Teich von Brateſchului, zur Rechten den Bahnhof. Jn dem Moment fing es an zu regnen. Von Weitem hörte man Muſik. Alles drängte auf der Straße gegen Reni vorwärts. Bald dräute Einem ein Wald von Lanzen entgegen. Es waren ſe<s Escadronen Koſaken. Dieſen folgte ein Regiment Fnfanterie. Darauf famen zwölf Bronzegeſhüße von großem Kaliber, mit wunderbar \<hönen, großen Pferden beſpannt. Die Jnfanterie hatte Kalbfelltorniſter, Gewehre Syſtems Berdan und trug lihtgrüne lange Mäntel. Die Koſaken führten ihre alten Lanzen, Karabiner Syſtems Peabody, Säbel und Revolver und hatten gute Pferde. Die geſammte Truppe nahm ebenfalls den Weg na< Barboſchi.
Donnerſtag den 26. April, um 7 Uhr Abends, famen ein Jnfanterie-Bataillon und aht Stahlfanonen großen Kalibers, welche ſi<h ebenfalls gegen Ziglina und Barboſchi dirigirten. Mit dem Frühzuge war ein Bataillon Sappeurs angelangt, welches ſofort unterhalb der SerethBrü>e Verſchanzungen aufzuwerfen begann. Zuglei mit demſelben war ein Bataillon Fnfanterie und ein Zug Mitrailleuſen eingetroffen.
Gegen- fünf Uhr Nachmittags näherten ſich von der unterſten Donau Galaß zwei türkiſche Monitors mit je aht Geſhüzen und ankferten nächſt der Fruchtbörſe. Jm ſelben Augenbli>e, als die türfiſhen Schiffe Anker warfen, wurde auf der von Reni her führenden Straße wieder ein ruſſiſhes Bataillon mit Artillerie ſichtbar. Die Entfernung zwiſhen Ruſſen und Türken mochte 800—1000 Schritte Luftlinie betragen. Allein beide Gegner ſahen ſi eine Zeit lang an, dann ſezten ſi< die Monitore langſam in Bewegung, wobei man am Bord die Truppen fich bewegen und die Kanonen glänzen ſah; auh die Ruſſen ſeßten ihren Weg ruhig fort. Gegen Abend verließen die beiden Monitore das Uſer, nahmen dann Cours donauaufwärts, ohne jedoch das rumäniſhe Ufer zu verlaſſen. Während alledem wurde an der Brü>e über den Pruth weitergebaut.
Freitag den 27. April Morgens befanden ſi< im Bereiche der Gemeinde von Galaß 5500 Mann ruſſiſcher Junfanterie und Artillerie. Die bisher angelangten Kanonen hatten act-, zwölfund ſe<zehnpfündiges Kaliber. Das Gebiet von Barboſchi und Ziglina ſtand bereits am 98. vollſtändig in ruſſiſhen Händen. Am Perſonenbahnhof waren zuglei< angelangt drei Züge mit
verſchiedenem Kriegsmaterial, mit Kanonenbooten und Torpedos, lettere beſtimmt zum Verſenken an verſchiedenen Punkten der Donau. Zugleich trafen 300 Matroſen ein.
Die Truppenzufammenziehung bei Barboſchi vollzog ſi< von drei verſchiedenen Richtungen mit der Eiſenbahn, dann auf den Straßen von Vadul-Jſatſ<hu und von Reni. Der General en chef dieſer Truppen, wie auh der noh na<kommenden, war der Diviſions-Commandant Schuwaloff, ſein Generalſtabs<hef Oberſt Scheremetieff.
Die Brüc>e über den Pruth ſtand auf drei großen Schiffen, ſie war ſtraßenbreit und von ſolider Bauart. Bewacht wurde ſie von éiner ſtarken Jufanterie-Abtheilung. Die Anhöhe am linken Pruth-Ufer war von ſtarker Artillerie beſet. Oberhalb der Brücke hielt der rumäniſche Kriegsdampfer „Fulgerulu“, welcher keine Zeit mehr hatte, vor dem Brü>enſchlage zu paſſiren.
Am 28. hatte der ruſſiſhe Conſul von Galaß allen anderen Conſuln bekannt gemaht, und zwar auf Anordnung des ruſſiſchen Obercommandanten der Südarmee, Großfürſten Nikolaus, daß die Schifffahrt auf der Donau verboten werde. Den Schiffen wurde ein entſprechender Termin geſtellt, bis zu welchem ſie ſi< entfernen ſollten. Dieſe Anordnung wurde den Kaufleuten kundgemat. An demſelben Tage um ſe<s Uhr Abends lief der Termin zu Ende. Alle Schiffe hatten eilends den Hafen verlaſſen. — Die Donau war abgeſperrt.
Die ruſſiſchen Durhzüge nahmen ſtündlich immer größere Dimenſionen an. Bukareſt blieb indeſſen von allen Dur<hmärſchen verſchont. Die Ruſſen trafen Anſtalten, den Eiſenbahnbetrieb in Rumänien dur<h eigens mitgebrahtes Perſonal beſorgen zu laſſen, weil ſi< unter dem rumäniſchen Betriebsperſonal viele fremde, na< ruſſiſchen Anſchauungen „nicht vertrauenswürdige Elemente“ befunden hätten. Die dortige polniſche Colonie hatte zum großen Theil die Stadt verlaſſen.
Die Türken ſtanden indeſſen unbewegli<h an der Donau, ſih an ihre Feſtungen lehnend. Von einer türkiſhen Occupation von Kalafat war bis dahin abſolut ni<ts bekannt. Die rumäniſche Regierung hatte gegen einen eventuellen türkiſchen Einfall proteſtirt und ihre Armee von der Donau in's Junere zurüc>gezogen. Gleichzeitig wurde die rumäniſche Bevölkerung entlang der Donau zum Rüczug in das Fnnere aufgefordert.