Marxismus und Darwinismus

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Wenn eine Anzahl Tiere in einer Gruppe, einer Herde oder einem Rudel zuſammenleben, ſo führen ſie den Kampf ums Daſein nah außen gemeinſam. Innerhalb einer ſolhen Gruppe hört der Kampf ums Daſ ein auf; die zuſammenlebenden Tiere treten icht mehr miteinander in einen Wettkampf, in dem der Schwache untergeht Jm Gegenteil, der Schwache genießt genau dieſelben Vorteile wie die ſtarken Tiere. Wenn einige Tiere durh ihren ſcharfen Geruch, ihre größere Kraft oder ihre beſſere Erfahrung einen Vorzug haben, die beſten Weidepläße finden und die Feinde am beſten abwehren können, ſo fällt dieſer Vorteil ihnen nicht perſönli zu, ſondern die ganze Gruppe, auh die minderbegabten Jndividuen, genießen dieſe Vorteile mit. Der Anſchluß an die Bevorzugten hebt alſo für die weniger Bevorzugten die Wirkung ihrer ungünſtigeren Eigenſchaften einigermaßen auf.

Aber der Hauptvorteil erwächſt allen Mitgliedern zuſammen aus dieſem Zuſammenleben. Die Vereinigung ihrer Kräfte gibt der Gruppe eine neue, viel größere Kraſt, als auch das ſtärkſte Einzeltier allein beſizt. Durch dieſe vereinigte Kraft können wehrloſe Pflanzenfreſſer die Raubtiere abwehren, und dieſe wagen ſih niht heran. Nur in dieſer Weiſe iſt es au<h möglich, die jungen Tiere ausreichend zu {hüßen; das Zuſammenleben bietet alſo allen Mitgliedern bedeutende Vorteile. Ein anderer Vorteil liegt darin, daß bei dem geſellſchaftlihen Zuſammenleben eine Arbeitsteilung mögli iſ. Solche Tiere ſhi>en Auskundiger voraus oder ſtellen Wächter aus, die für die Sicher= heit ſorgen, während alle anderen ruhig, ohne auf etwas anderes zu achten, die Gelegenheit zum Freſſen oder Pflücken ausnußen und ſi< völlig auf die Warnungs ſignale der Wächter verlaſſen.

Eine ſolche Tiergeſellſchaft wird alſo ſchon einigermaßen zu einer Einheit, zu einem Organismus. Natürlich bleibt der Zuſammenhang unendlich viel loſer als zwiſchen den Zellen eines Tierkörpers; denn die Mitglieder bleiben ſih völlig glei<h — nur bei Ameiſen, Bienen und einigen anderen Jnſekten tritt ein organiſcher Unterſchied auf — und ſie ſind imſtande, wenn auh unter ungünſtigeren Bedingungen, vereinzelt zu leben. Aber immerhin wird die- Gruppe zu einem zuſammenhängenden Körper, und es muß eine Kraft daſein, die die einzelnen Mitglieder zuſammenhält.

Dieſe Kraft bilden die ſozialen Triebe, die Juſtinkte, die die Tiere beiſammen halten und daher das Fortbeſtehen der Gruppe bewirken. Jedes Tier muß das Jutereſſe der ganzen Gruppe über ſein eigenes ſtellen; es muß inſtinktmäßig immer ſo handeln, als für das Beſtehen der Gruppe notwendig iſt, ohne Rückſicht auf ſi< ſelbſt. Solange von den ſchwachen Pſlanzenſreſſern bei dem Angriff eines Raubtieres jeder nur an den eigenen Leib denkt und die Flucht ergreift, ſolange ſtiebt jedesmal eine zufällig zuſammengekommene Herde wieder auseinander. Erſt wenn dieſer gewaltige Selbſterhaltungstrieb durch ein ſtärkeres Inſtinkt des Zuſammenhaltes unterdrü>t wird und das Tier das eigene Leben wagt, erſt dann bleibt die Herde zuſammen und genießen alle ‘die Vorteile aus dieſem Zuſammenhalt. Selbſtaufopferung, Tapferkeit, Hingabe, Disziplin, Treue, Gewiſſenhaftigkeit müſſen