Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Man hat ſ{<le<te Nachrichten; die Franzoſen rücken immer weiter vor. Leſtocq hat ſi< wieder zurücßziehen müſſen, Bennigſen hat es ſelbſt gewollt.

15. December.

Zu Tiſche hatten wir den Präſidenten, Winterfeld, Gröben und Rüchel, Luccheſini und Zaſtrow, die eben ange= fommen waren. Man ſagt, Napoleon nehme auch die beiden Meklenburgiſchen Herzogthümer in Beſiß. Der König war ſehr ergriffen von dieſer Nachricht, die ihn ſichtlich tief er= ſchütterte.

16. December.

Man glanbt, daß die Franzoſen bis hierher kommen werden, da die Ruſſen vollkommen unthätig ſind. Jn dem Fall ſoll die Königin troß ihrer Krankheit denno<h fortgebracht werden und i< bleibe allein mit dem fleinen Prinzen hier, der niht im Stande it zu reiſen.

17. December.

Zu Tiſche kamen Kalkreuth, der Commandant der Cadetten, Kobe und die Adjutanten. Abends fam die Solms; ſie lachte, lärmte, ſprah ſo laut und machte ſolchen Spek= takel mit den beiden jüngeren Hofdamen in der Stube neben der armen Königin bis ſpät, daß ih re<ht böſe darüber war.

18. December.

Die Königin iſ heute noh kränker; ſie war aufgeweckt worden durch das Lachen dex Damen im Nebenzimmer; man gab ihr andere Mittel, ſie war äußerſt unruhig, weinte ſehr viel; ah! es iſ leider jeht ausgeſprohen — ein heftiges

Nervenfieber. 19. December.

Schulenburg hat ſeinen Abſchied; er gehört zu den Leuten, die nie wiſſen was ſie wollen. Die Ruſſen thun gar nichts.