Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel

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Beim Thee waren eine Menge neue Engländer da; es wurde wie immer Ringelſpiel geſpielt.

15. Juni.

Die arme Königin iſt in großer Angſt; ſie kam ſchon früh zu mir und ſpäter bekamen wix die Nachricht, daß Bennigſen ſi<h auf Wehlau und Leſtocq auf Königs= berg zurücfßziechen. Ach, dies Alles klingt ſehr ſ{le<t, nux Gott der Herr allein kann uns no< helfen! Der König fam um 3 Uhr an, die Majeſtäten aßen allein mit den Kindern. Ein Courier aus Königsbexrg kam nah Tiſche und ſagte, daß es ſ{<hle<t ſtehe. Der König war ſehr herzlich und gnädig mit mir; ex ſieht wohl aus, aber er iſt niedergeſchlagen und traurig und glaubt jezt Alles verloren.

16. Juni.

Heute war ein ſ{hre>li<her Tag. Wix erfuhren, daß die Franzoſen auf Königsberg marſchiren, und daß Leſtocq gezwungen worden iſt, zurü>k zu weichen, und nah Tiſche traf Major von Rauch ein und brachte die furchtbare Nachricht, daß die Feinde bereits in Königsberg eingerückt ſeien. —-

Bennigſen hat die Schlacht bei Friedland am 14. verloren, Leſtocq hat ſi< auf Labiau zurückgezogen. Die Königin war in Verzweiflung, der König ganz gebrochen, Hardenberg allein ruhig, aber auch ſehr gebeugt. Die Majeſtäten blieben den Mittag und Abend allein mit den Königlichen Kindern; der Hofſtaat blieb für ſich.

17, Juni.

Wix waren in angſtvoller Erwartung weiterer Nachrichten, aber es kamen feine anderen als die, daß Bennigſen ſi auf Tilſit zurückzieht. Rüchel kam no< geſtern ganz ſpät an; die Königin kam dann zu mix und ſprach ſich mit